„Man kann sie [die Demokratie] nicht unparteiisch beobachten, ohne den Eindruck zu gewinnen, daß sie tiefes Mißtrauen gegen sich selbst empfindet, die offenbar unausrottbare Neigung, beim ersten Anzeichen von Anspannung ihre ganze Philosophie im Stich zu lassen.
Ich brauche darauf nicht hinzuweisen, was stets in demokratischen Staaten geschieht, wenn die Sicherheit des Staates bedroht wird. Alle großen Tribunen der Demokratie verwandeln sich bei solchen Gelegenheiten – durch einen Vorgang, der ebenso einfach ist wie tiefes Atemholen – in Despoten von fast fabelhafter Heftigkeit: sofort fallen uns Lincoln, Roosevelt und Wilson ein; Jackson und Cleveland warten im Hintergrund nur darauf, daß man sich ihrer erinnere. Dieser Vorgang ist keineswegs auf Zeiten der Unruhe und des Schreckens beschränkt; er geht tagaus, tagein vor sich. Die Demokratie scheint immer darauf aus zu sein, das zu töten, was sie in der Theorie liebt.
Ich habe bereits einige ihrer Handlungen gegen die Freiheit, den Eckstein ihrer politischen Metaphysik, genannt. Sie führt nicht nur mit der Freiheit an sich Krieg: sie kämpft sogar gegen ihre rein akademische Verteidigung. Ich erwähne das Beispiel, daß Amerikaner dafür eingesperrt werden, weil sie die Bill of Rights lesen, als das vielleicht schreiend komischste, das die Welt je gesehen hat.
Man versuche sich eine Monarchie vorzustellen, die ihre Untertanen einsperrt, weil sie das göttliche Recht der Könige verteidigen! Oder das Christentum, das einen Gläubigen verdammt, weil er behauptet, Christus sei der Sohn Gottes! Letzteres ist vielleicht tatsächlich vorgekommen: in dieser Richtung ist alles möglich.
Aber unter der Demokratie ist die abliegendste und phantastischste Möglichkeit ein alltäglicher Gemeinplatz; da werden alle Glaubenssätze zu ungeheuerlichen Paradoxien, von denen manche sich geradezu selbst widersprechen. Die Masse ist befähigt, uns alle zu regieren – aber sie selbst muß auf das strengste von der Polizei bewacht werden.
Es gibt eine Regierung, die nicht aus Männern, sondern aus Gesetzen besteht – aber es werden Männer auf die Richterstühle gesetzt, um endgültig zu entscheiden, was Gesetz ist und sein darf. Die höchste Aufgabe des Bürgers ist, dem Staat zu dienen – aber die erste Voraussetzung, die ihm entgegentritt, wenn er versucht, sie zu erfüllen, ist die Annahme, daß er unredlich und ehrlos ist. Trifft diese Annahme in der Regel zu? Dann wird die Posse nur noch köstlicher.
Ich für meine Person muß gestehen, daß sie mich königlich unterhält. Die Demokratie macht mir furchtbaren Spaß. Sie ist unvergleichlich närrisch und daher unvergleichlich amüsant. Sie erhebt Dummköpfe, Feiglinge, Achselträger, Schwindler, Schubiake? Dafür wird der Schmerz, mit dem man sie hochkommen sieht, durch die Freude wettgemacht, wenn sie wieder herunterpurzeln. Sie ist unerhört verschwenderisch, unwirtschaftlich, unredlich?
Aber das ist ja jede andere Regierungsform auch! Alle sind sie Feinde der Fleißigen und Tugendhaften. Sie besteht im innersten aus Spitzbüberei? Nun, wir ertragen diese Spitzbüberei seit dem Jahre 1776 und leben immer noch.
Letzten Endes wird sich vielleicht herausstellen, daß die Spitzbüberei unerläßlich ist für menschliches Regieren, ja sogar für die Zivilisation als solche – daß die ganze Zivilisation im Grunde nichts ist als kolossaler Schwindel. Ich weiß es nicht; ich sage nur: wenn die Geneppten gut laufen, ist das Schauspiel unendlich belustigend.
Aber vielleicht bin ich ein wenig boshaft; wo es sich um Geneppte handelt, wird mein Mitgefühl etwas spröde. Unverständlich ist mir’s nur, wie ein Mensch an die Demokratie glauben kann, der für sie und mit ihnen fühlt, dem es wehtut, wenn sie verführt und genarrt werden. Wie kann jemand ein Demokrat sein, der wirklich ein Demokrat ist?“
H. L. Mencken, Demokratenspiegel
Tuesday, February 05, 2008
Die Super-Demokraten
Wenn der heutige "Super-Duper-Tuesday" keine Klarheit brächte und dann dieses Szenario, das Florian Heinhold da auf seinem Blog als Menetekel an die Wand wirft, tatsächlich eintreten sollte, und man nach einem monatelangen, die Leidenschaften anstachelnden Medienhype um die Vorwahlen am Ende bei den "Demokraten" die Nomenklatura entscheiden ließe, dann wäre das ein Vorgang, der wahrlich eine wunderbare Gelegenheit böte, sich des alten Spötters und libertären Demokratieverächters Henry Louis Mencken zu erinnern:
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2 comments:
scheint wol garnicht nötig zu sein. Die Femi-Furie schafft es wohl auch so mithilfe der Tortilla-Fresser und aus Tussen-Loyalität der Woodstock-Frührentnerinnen.
http://blogs.telegraph.co.uk/foreign/trailmix/feb08/obama-strikes-back.htm
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