Friday, November 30, 2007

'Free Speech Debate' in England

Der frühere Redenschreiber der Labour Party und Kolumnist Rod Liddle schreibt im aktuellen Spectator über den richtigen Umgang mit Holocaust-Leugnern wie David Irving:

"The Oxford Union, unusually, chose well in alighting upon Irving and the BNP leader Nick Griffin to represent the persecuted side in a debate about freedom of speech. If we are serious about freedom of speech, then it should be afforded to the likes of Irving and Griffin just as much as anyone else, regardless of what horrible things they might have to say. I mentioned last week that if we are in a battle of ideas with Islam at the moment, then we have to be clear in our own minds what precisely our idea is — and that, boiled down, it comes to little more than a belief in individual liberty, freedom of speech and freedom of conscience. The howled abuse and the attempts to disrupt and cancel the debate make it very clear that our commitment to these concepts is sometimes fragile and tenuous. When I debate this issue with Muslim friends and enemies they are always clear that there should be very definite limits to freedom of speech: i.e., anything which disses Islam isn’t really on. And they are able to throw the argument back to me very easily: you have things, too, which are sacrosanct in your society, which it is forbidden to question — the Holocaust, for example. And they are right about this. The imprisonment of David Irving in Austria for ‘Holocaust denial’ makes us seem inconsistent and hypocritical. No part of our past should be so set in stone that one is prohibited from questioning it. All of history is a process of revision, in any case, one way or the other. In this case, you let the repulsive Irving make his case because the principle is far more important than our justifiable dislike of him."

Tuesday, November 27, 2007

Antideutsche Libertäre?

Ein altliberales Klagelied, das mich doch stark an Ludwig von Mises’ „Im Namen des Staates“ erinnerte, entdeckte ich dieser Tage in einem Büchlein, das ich beim Blogger-Seminar Ende Oktober von Michael Kastner erworben habe:


„Weder im November 1918 noch im November 1989 – beide eher Implosionen als Revolutionen – standen die individuelle Freiheit oder die universalen Menschenrechte im Mittelpunkt. Dazu war es 1918 zu spät, die Revolution mit der sozialen Frage überfrachtet. Es ging um den Achtstundentag, um das soziale Netz, um Fürstenenteignung und Verstaatlichung. Und gut 70 Jahre später ging es um die »Anpassung des Lebensniveaus« bei gegebener »sozialer Geborgenheit«. Keine revolutionäre Forderung, die in Deutschland nicht etatistisch aufgefangen wurde, keine soziale Errungenschaft, kein Aufbauprogramm, deren Fluchtpunkt nicht das Wohl des Staats- respektive Volksganzen gewesen wäre. Arbeiterbewegung, Nationalsozialismus und hundertjähriger Primat staatlich administrierter Sozialpolitik haben jenes deutsche Kollektiv geschaffen, das noch die Gegenwart der Bundesrepublik bestimmt. Die Vielfalt der einzelnen, ihr differenzierter und differenzierender republikanischer Bürgersinn blieben marginal.“

Götz Aly, „Macht Geist Wahn. Kontinuitäten deutschen Denkens“, Frankfurt am Main 1999

Jemand hat kürzlich in einem Kommentar auf meinem Blog die Frage aufgeworfen, ob es neben der antideutschen Linken, auch „antideutsche Libertäre“ gebe, sei es aus ideologischen Gründen, sei es auch aus psychologischen, etwa den von ihm unterstellten Frust mancher Libertärer über die mangelnde Bereitschaft der Deutschen, vom Staatsmystizismus Abschied zu nehmen, sich also als historisch lernresistent zu erweisen.

Ende des 19. Jahrhunderts war man sich hinter deutschen Kathedern und im bildungsbürgerlichen Milieu ganz allgemein zumindest einig, daß der radikale Liberalismus (unter dem Label „Manchester“ mehr geschmäht als verstanden) in jedem Falle als jüdisch-englische Schnapsidee, mithin als von Haus aus „undeutsch“ zu gelten habe. Ist der Libertarismus, als Extrakt aus diesen radikal-liberalen Ideen, also per se antideutsch?


Zwei Zitate aus anarcho-syndikalistischer Richtung scheinen zunächst für eine gewisse Verbindung von liberal-libertären und „antideutschen“ Positionen zu sprechen. In der Broschüre „Das Volk hört die Signale. Zur diskursiven Rekonstruktion einer ‚deutschen Nation’“ von Teodor Webin, in der auch das Lager des antideutschen „Gegen-Nationalismus“ kritisch gewürdigt wird, heißt es:

„Im besten Falle erweisen sich Anti-Deutsche als auf die neoliberale Ideologie reingefallen, im schlechtesten Falle als sich dieser Tatsache nicht bewusste Individualanarchisten (wobei sie – Marx sei dank [und das ist wörtlich zu nehmen] – Anarchismus als unkollektiven Individualismus wahrnehmen.“

und:

„Die antideutsche Ideologie lässt sich summieren unter: Kollektive sind destruktiv, Individuen sind – zumindest relativ – konstruktiv. Mit diesem Ideologem treffen sie den „Nabel“ der Zeit. „Antideutsche“ sind in der Tat die schlimmsten Feinde sowohl der eingebildeten nationalen Kollektive wie auch utopischer kommunistischer Gemeinschaften – und es tut weh, aber diese ideologische Gemeinsamkeit haben die beiden Theorien leider.“

Tatsache ist, daß der Libertarismus/entschiedene Liberalismus sämtlichen Hauptströmungen der deutschen Ideen- und Mentalitätsgeschichte konträr gegenübersteht. Er ist zu den „deutschen Ideen“ (siehe v.a. Kapitel „Das deutsche Lied: Nationalismus, Nationaler Sozialismus“ und „Die Tonart des deutschen Liedes: Antiliberalismus und Antikapitalismus“ in Roland Baaders „totgedacht“) schlechthin Antithese. Fest auf dem Fundament des methodologischen und normativen Individualismus stehend ist er gleichwohl frei von (auch inversiv) rassistischen Diskursen, was, abgesehen vom strikten Antimilitarismus und Antiinterventionismus der genuinen Libertären, das Hauptunterscheidungsmerkmal zur antideutschen Linken ausmacht. Vielmehr nimmt er den Faden auf zu – zugegebenermaßen nicht allzu üppig gesäten, aber bei gutem Willen dennoch auffindbaren – positiven Beispielen liberal-individualistischer Traditionslinien im deutschen Geistesleben – wofür etwa große Namen wie Wilhelm von Humboldt und Eugen Richter stehen.


Alle Wege antiliberaler Ideologie – und es gibt keinen, der in Deutschland nicht erdacht und erprobt worden wäre – münden letztlich immer in Exklusion, Ausgrenzung, Ethnizismus, atavistische Hordenmoral und chauvinistischen Kollektiv-Dünkel. Es erhebt sich die Frage, ob der natürliche Widerspruch von liberal (was ja universalistische, kosmopolitische und individualistische Werte umfaßt) und national als politische Ordnungsprinzipien nicht prinzipiell unaufhebbar ist, der Terminus „national-liberal“ somit nichts weiter als ein Oxymoron bedeutet? Aber spricht gegen diese schroffe Gegenüberstellung nicht die in Europa schon häufiger anzutreffende und (zumindest temporär) erfolgreiche Programm-Synthese aus erzliberalen und betont patriotischen bis schrill nationalistischen Ingredienzen, wie etwa bei Margaret Thatcher, Christoph Blocher und Vaclav Klaus? Spielen theoretische Inkonsistenzen in der politischen Praxis überhaupt eine Rolle? Über kontroverse und gehaltvolle Beiträge meiner Leser würde ich mich freuen!

Sunday, November 25, 2007

Staat macht arm

"Was tut der Staat für uns?", fragt sich und uns Jürgen Kaube in der FAZ. Die Antwort hat Stefan Blankertz schon vor langer Zeit gegeben: Er macht uns alle arm! Aber am ärmsten, hilflosesten und schwächsten allerdings macht er die, die ohnehin schon arm und hilflos und schwach sind. Vor allem Kinder und Jugendliche!

Kaube scheint vor seinen eigenen unbotmäßigen Gedanken zusammenzuzucken, wenn er schreibt,


"Ein junger Mensch könnte also unter Würdigung all dieser Sachverhalte auf den Gedanken kommen, die Erhöhung des Bafög diene mehr dazu, andere generationspolitische Benachteiligungstatbestände zu vernebeln. Doch das würde vermutlich zu viel Strategie seitens der Politik voraussetzen."


Wie arglos kann man eigentlich sein, Herr Kaube?

Thursday, November 22, 2007

"Wehrpflicht"

“Wehrpflicht” bedeutet für einen Libertären die Obliegenheit eines jeden Individuums, seine Freiheit gegen jedwede Obrigkeit zu verteidigen mit allen zur Zweckerreichung erforderlichen Mitteln.
Was dagegen Staazis unter “Wehrpflicht” verstehen ist nichts anderes, als eine faschistoide Sklavenhaltermentalität. Die gebrochen werden muß! Es besteht Wehrpflicht!

Danke auch an Stefan Sedlacek für diese Klarstellung!

Wednesday, November 21, 2007

Verwerflicher als Sozialismus

"Die antisemitische Bewegung erscheint bei weitem verwerflicher als die sozialistische Agitation. Sie richtet sich nicht bloß gegen äußere Besitzverhältnisse, sondern gegen die Menschen an sich und ihre Abstammung."

Eugen Richter

Tuesday, November 20, 2007

John Stuart Mill oder Wie der Liberalismus auf die schiefe Bahn geriet

"John Stuart Mill ist schon ein Epigone des klassischen Liberalismus und, besonders in seinen späteren Jahren unter dem Einflusse seiner Frau, voll von schwächlichen Kompromissen. Er gleitet langsam in den Sozialismus über und ist der Urheber der gedankenlosen Vermengung liberaler und sozialistischer Ideen … alle Argumente, die zugunsten des Sozialismus geltend gemacht werden könnten, sind von ihm mit liebevoller Sorgfalt ausgearbeitet worden. Neben Mill gehalten sind alle übrigen sozialistischen Schriftsteller - auch Marx, Engels und Lassalle - kaum von Belang."

Ludwig von Mises


"Observing the effects of good intentionsis often a matter for bitter irony. Locke tried with his innocent-looking proviso to prove the legitimacy ownership and succeeded in undermining its moral basis. J.S. Mill thought that he was defending liberty, but what he achieved was to shackle it in strands of confusion."

Anthony de Jasay, Liberalism, Loose or Strict



Anknüpfend an die Neoliberalismus-Debatte, die vor einiger Zeit mal beim Liberalen Institut in Zürich geführt wurde, in der der Staazi-Ideologe Peter Ulrich sich vehement auf John Stuart Mill berief, hat jetzt Matt Jenny mit einer Untersuchung über "Liberalismus und Paternalismus in On Liberty" am liberalen Image des großen sozialdemokratischen Vordenkers ordentlich gekratzt. Bei Lichte besehen mündet Mills Denken in den "Sozialliberalismus" eines T.H. Green, der, vom deutschen Idealismus (Hegel, Fichte etc.) inspiriert, die paternalistisch-konservative Idee des Wohlfahrtsstaats à la Bismarck als Merkmal der Identität gegenüber den klassischen Liberalen ins Programm aufnahm. Der Name Mill markiert also die Scheidelinie zwischen striktem und beliebigem Liberalismus. Oder, wie schon 1992 Anthony de Jasay in der NZZ konstatierte: “Wozu noch Marx? Bentham und Mill genügen”

Gegen die Gefahr eines Hinübergleitens in die Denkstrukturen des Paternalismus ist indessen auch der heutige Liberalismus nicht gänzlich gefeit, wie die im Umfeld des renommierten libertären Journals "The Freeman" geführte Debatte um "Libertarian Paternalism" erweist. Auch da heißt es wachsam sein - und Flagge zeigen für einen anti-etatistischen und anti-paternalistischen Liberalismus!

Monday, November 19, 2007

Das historische Dokument

Markus Roscher im Herbst 1988 zur Wiedervereinigung:


Friday, November 16, 2007

Talibahn

Ein Gedicht von Durs Grünbein aus der Frankfurter Rundschau:



Trost für Bahnreisende

Motto: Wer früher bucht, kommt später an.


Ihr, die ihr fahren müßt nun mit der Deutschen Bahn,
Laßt alle Hoffnung fahren auf die Ankunftszeit.
Was steht ihr, wartet, schaut die Gleise traurig an?
Ihr Kunden, rechnet nicht mit Pünktlichkeit.

Nicht klagen sollt ihr, wird die Wartezeit euch lang.
Vergeßt den Anschluß, Leute, denkt in größern Zügen.
In höhern Bahnen, schrankenlos, denkt: Börsengang.
Sagt nicht: Mir würde Fahrplantreue schon genügen.

Ihr habt den ServicePoint, die DB-Lounge, das BordBistro
Und dann die Spartarife! Im totalen Fernverkehr –
Man kann nicht alles haben. Wenn Verspätung droht,
Denkt an das Nickerchen im ICE, das länger währt.



Tuesday, November 13, 2007

Farbe bekennen!

Unter http://www.wofuer-stehst-du-ein.de/ findet jetzt ein Wettbewerb statt, an dem sich möglichst viele radikalliberale und libertäre Freunde mit eigenen (Wort-, Bild- und Film-) Beiträgen beteiligen sollten. Die Initialzündung zu dieser spannenden Aktion ist der aufrüttelnde und tiefgreifende Debatten über das amerikanische Selbstverständnis auslösende Film von und mit Robert Redford "Von Löwen und Lämmern" (seit 8. November in den Kinos), der die gesamte Außenpolitik der USA und ihrer Verbündeten seit dem 11. September 2001 reflektiert, sie einer schonungslos gründlichen Vivisektion unterzieht und damit stellvertretend das moralische Versagen des gesamten Establishments der "freien Welt" auf dramatische Weise vor Augen führt.

Redford wendet sich mit diesem durchaus mit Pathos versehenen Film vor allem an die eigenen Landsleute, die die Frage schon in Bälde zu beantworten haben werden, ob sie sich auf ihre Verfassung und die ihr zugrundeliegenden basic values zurückbesinnen wollen oder ob sie weiterhin dem aggressiv kriegstreiberischen Machtapparat aus big business und big government die unangefochtene Total-Herrschaft über ihre einstmals "Land of the Free" genannte Republik gestatten wollen.

Die zur Zeit im Internet zu beobachtende Ron Paul Revolution, eine Graswurzelbewegung, die vor allem bei jungen Amerikanern in den Köpfen und Herzen Anklang und immer mehr begeisterte Anhängerschaft findet, läßt hoffen, daß diese Nation immer noch über genügend geistig-sittliches Potential verfügt, um sich ihr Land von den Machteliten zurückzuerobern.

Wie für den linkslibertären Blogger "The Osterly Times" ist auch für mich der eigentliche Schlüsselsatz der Ausspruch des von Redford gespielten Politikprofessors Malley:
"They bank on your apathy, they build strategies around it."

Besonders besticht in diesem engagierten Hollywood-Streifen eine überragende Meryl Streep in der Rolle der altgedienten linksliberalen Washington-Korrespondentin Jane Roth, die sich in ihren Dialogen mit dem von Tom Cruise überzeugend gespielten smarten und eloquenten republikanischen Senator Jasper Irving (den als zynischen Bösewicht zu identifizieren die auf Grautöne und Ambivalenzen setzende Inszenierung des ganzen Filmes eben gerade nicht ermöglicht) ein rhetorisches Duell liefert, das es in sich hat, und den Zuschauer ziemlich zerknittert und nachdenklich in den Kinosessel drückt. - Und da sage nochmal einer, Kino sei ein rein auf sinnliche Eindrücke ausgerichtetes Medium und könne nicht intellektuell anspruchsvoll sein! Kurzum: ein Film, dessen Besuch sich in diesen kalten Novembertagen auf jeden Fall lohnt (auch wenn Gene Callahan das anders sieht)!

Prinzipientreue à la carte

"Viele sind für Demokratie, solange die Demokratie für sie ist, und für "mehr Demokratie", wenn sie damit Sukkurs für ihre eigenen politischen Anliegen wittern. Dasselbe gilt für den Rechtsstaat. Die schwammige Gegenüberstellung von Rechtsstaat und Demokratie ist darum so attraktiv, weil sie eine Prinzipientreue à la carte ermöglicht. Im Fall von Widersprüchen hat man mindestens eines der Prinzipien auf seiner Seite."

Robert Nef in den Schweizer Monatsheften, Nr. 7/8/2007

Tuesday, November 06, 2007

Staatsschule perpetuiert Untertanengeist

Daß Rainer Hank in der staatstragenden FAZ das Bildungsmonopol des Staates infragestellen durfte, ist schon eine kleine Kulturrevolution. Danke an Genügsames Leben für den wertvollen Hinweis auf einen nicht alltäglichen Artikel!