Wednesday, February 21, 2007

Auswanderers Abschied

Mein Freund Patrick Harsch ist Republikflüchtling geworden. In einem Abrechnungsbrief an Merkel & Münte schreibt er, wieso er (wie so viele Abertausende Bundesbürger alljährlich) sich genötigt sieht, seine Heimat zu verlassen. Ein Dokument der Schande für die deutsche Politik!

Wednesday, February 14, 2007

Bildungsdefizit

Daß liberale Reformen und liberale Ideen generell in Deutschland, dem Land der Staatsmetaphysik, überhaupt seit mehr als hundert Jahren keine gute Presse haben, wissen wir seit Oswald Spenglers Diktum:

»Es gibt in Deutschland verhaßte und verrufene Grundsätze, verächtlich aber ist auf deutschem Boden allein der Liberalismus«

Oswald Spengler, Preußentum und Sozialismus, 1920, S.34



Die baden-württembergische Landes-Chefin der "Liberalen Initiative Mittelstand" führt die augenblickliche Ablehnung, die liberalen Ansätzen in der Bevölkerung entgegenschlägt, auf allgemeine Unwissenheit und ein grassierendes ökonomisches Bildungsdefizit zurück. In ihrem eigenen Mitteilungsblatt LIMPULS führt sie unfreiwillig vor, wie weit sich dieses eklatant klaffende Bildungsdefizit auch längst in vorgeblich "liberalen" Parteien und deren Vorfeldorganisationen eingenistet hat.

Anders als etwa der radikal-libertärer Neigungen unverdächtige Ordo-Liberale Prof. Joachim Starbatty fordern die "liberalen" Mittelstandslobbyisten unverholen noch mehr strategische etatistische Industriepolitik. Daß die USA milliardenfach Steuergelder für Raumfahrt und Rüstung verschleudern wird von ihnen gar als vorausschauend und innovationsfördernd positiv hervorgehoben.

Unter anderem heißt es in dem kuriosen Papier:

"Öffentlich finanzierte Forschung muss der Öffentlichkeit leichter zugänglich gemacht werden, ja propagiert [!] werden
...


Wiederentdeckung der Industriepolitik mit dem Ziel eine stärkere und innovative europäische Industrie zu schaffen
...


Ein Neoliberalismus [!], der jegliche Staatsintervention ablehnt, ist nur im nationalen Rahmen möglich. Europäische Champions müssen sich gegen andere Champions, die von ihren Staaten unterstützt werden, behaupten können."


In einem anderen Beitrag über eine Rede des abgehalfterten Ex-Staatssekretärs im Landeswirtschaftsministerium, Dr. Horst Mehrländer, dessen ökonomische Schimmerlosigkeit selbst in gelbsozialistischen Parteikreisen weithin unangefochtenen Seltenheitswert besitzt, wird die deutsche Filmföderungspolitik mit steinzeit-keynesianischer Argumentation angepriesen. O-Ton:

"Der idealtypische Markt steht für Wettbewerb, Leistung, Innovation. Wo staatliche Intervention diese Möglichkeit erst eröffnet, erst Markt schafft, sind wir Liberale gestaltend dabei."


Ein schreiendes Bildungsdefizit!

Sunday, February 11, 2007

Erbschaftssteuer ist Diebstahl!

Gast bei Sabine Christiansen, der obersten "Klofrau der öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten" (Georg Schramm) war heute ein guter, alter Bekannter und langjähriger politischer Weggefährte von mir:
Markus Roscher, 43 Jahre, Rechtsanwalt, Spezialist für Erbrecht. In der Einladung für die heutige Sendung wurde er wie folgt angekündigt:

Für den Berliner Rechtsanwalt Markus Roscher ist es ein persönlicher „Herzenswunsch“, zu verhindern, dass der Staat sich auch noch im Erbfall am ehrlich verdienten Geld seiner Bürger bereichert. Fast jeder Mensch zahle in Deutschland sein Leben lang über Mehrwertsteuer, Tabaksteuer etc. unendlich viel Geld an den Fiskus. Da müsse doch wenigstens das Erben Privatsache bleiben. „Erbschaftssteuer ist staatlicher Diebstahl!“, schimpft Roscher. Seinen Mandanten hilft der Spezialist für Erbrecht deshalb dabei, die günstigsten Steuerschlupflöcher zu finden. „Wenn der Staat nicht in der Lage ist, die Ungereimtheiten im Erbrecht zu beseitigen, dann darf er sich nicht beschweren“, findet Roscher. „Der Bürger muss doch nicht freiwillig mehr zahlen als gesetzlich vorgesehen.“

Recht hat er! Bei der Gelegenheit frage ich mich, warum eigentlich die FDP (der er übrigens als aktives Mitglied angehört) sich nicht schon längst die Abschaffung dieser sittenwidrigen Mehrfachbesteuerung auf die Fahnen geschrieben hat?!

In einer freien Gesellschaft ist jedenfalls Erben genauso wie Sterben Privatsache!

Saturday, February 10, 2007

Blogger zur Freiheit!

Ein neues Kind hat das Licht der Welt erblickt, genau genommen sind es zwei überaus wohlgeratene und sympathische Kinder, geistige Zwillinge: paxx.blog und paxx.zine. Beide sind mit Herz und Verstand den unverfälschten anti-politischen Ideen und Idealen der konsequentesten und kompromißlosesten Freiheitsfreunde diesseits wie jenseits des Atlantik verpflichtet. Das klare Bekenntnis zum Anti-Etatismus ist durchaus ernst gemeint! Es ist hier nicht wohlfeile Rhetorik kritischer Kollaborateure des Staates, nicht mit jovialem "Das-darf-man-alles-nicht-so-eng-sehen"-Gesülze kaschierte geistige Denkfaulheit, nicht durch taktische Konzessionen an mangelnden intellektuellen Mut oder falsche Rücksichtnahmen auf schlechte Gewohnheiten reaktionärer Traditionskompanien diskreditiert.

Die Prinzipien des Libertarismus gelten ihnen nicht nur "der Spur nach" oder "im Prinzip ja" (wie bei Radio Eriwan), sondern: Sie gelten. Punkt.

Mögen diese zwei neuen Kinder also wohlwollende Aufnahme in der Gemeinde der entschiedenen Freiheitsfreunde im deutschsprachigen Raum finden!

Die Eltern sind zurecht sehr zuversichtlich, daß ihre noch jungen Sprößlinge wachsen, gedeihen und sich prächtig entwickeln werden. Sie erklären deshalb frank und frei:


Individualanarchistisch, marktanarchistisch, anarchokapitalistisch, libertär - es gibt viele mehr oder weniger unverständliche Bezeichnungen für unsere (anti-)politischen Positionen. Gemeinsam ist uns paxx-Autoren aber vor allem die Begeisterung für die friedliche, emanzipatorische, moderne und radikale Botschaft der Freiheit. Dieser Botschaft wollen wir im paxx:blog und im paxx:zine eine neue, freche, intelligente und hoffentlich auch interessante und unterhaltsame Stimme geben. Wir freuen uns auf eine lebendige Diskussion!

Die paxx-Autoren sind:
Michael Gisiger
Julika Hartmann
Dominik Hennig
Christian Hoffmann
Matt Jenny




Die Freiheitsfabrikanten sind, sogar noch mit Verstärkung, ebenfalls wieder an die Arbeit gegangen und so wird das geistige Kraftfeld derer jeden Tag ein bißchen stärker, die sich von politischen, staatsfrommen Illusionen freigemacht haben.

Allen anderen sei ins Stammbuch geschrieben:

„Die Liberalen, die weiterhin der Illusion sich hingeben, dieser Staat sei „ihr“ Staat, werden von der Krise der Politik hinweggerafft werden: Ihre Glaubwürdigkeit nimmt ständig ab. Auf der politischen Bühne sind auf der einen Seite Technokraten gefragt, die die Maschinerien trostloser bürokratischer Apparate so gut wie möglich handhaben können; auf der anderen Seite Vereinfacher, Populisten und Demagogen, die versprechen, wenn man ihnen die Macht nur gäbe, würden sie’s schon richten.“
Stefan Blankertz, Die Therapie der Gesellschaft

Thursday, February 08, 2007

Die Anarcho-Kapitalisten haben die besseren Argumente!

Das muß sogar ein selbstkritischer Minimalstaatler zugeben:

"Die sogenannten Anarchokapitalisten, die in den USA - auch unter den Wissenschaftlern der Ökonomie - eine wachsende Fraktion bilden, haben die besseren Argumente als die Minimalstaatler, zu denen auch ich mich zähle. Was die Minimalstaatler davon abhält, den Vertretern des Null-Staates zu folgen, sind nicht die schlüssigeren Argumente, sondern fast ausschließlich Bauchschmerzen, die wir bei dem Gedanken empfinden, auch die innere Sicherheit und das gesamte Rechtswesen privaten konkurrierenden Unternehmen anzuvertrauen. Ob diese Bauchschmerzen berechtigt sind, daran läßt die Tatsache, daß das "demokratische Jahrhundert" zugleich das Jahrhundert der größten Kriege der Menschheitsgeschichte gewesen ist, einige Zweifel aufkommen. Ebenso die Tatsache, daß die Allgemeine Wehrpflicht erst im Gefolge der Verherrlichung der "Volkssouveränität" in der Französischen Revolution die Weltbühne betreten hat, ein Umstand, der die großen, totalen Kriege erst möglich gemacht hat. (Man erinnert sich an das Diktum von Napoleon, der nach der Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht in Frankreich gesagt hat: "Jetzt sind Soldaten weniger wert als Dreck.") Doch ist dieser akademische Streit insofern ohne Belang als wir alle in Maximalstaaten leben und himmelweit vom Minimalstaat entfernt sind. Und die Machtkalküle der politischen Kaste, sowie das Desinteresse und die Unwissenheit der Bürgerschaft werden dafür sorgen, daß dies auch so bleibt."

Roland Baader

Tuesday, February 06, 2007

Endstation Zuchthausstaat

Was bei der fortschreitenden Versozialdemokratisierung eines Gemeinwesens den Menschen blüht, beschreibt Gerd Habermann in seinem Standardwerk „Der Wohlfahrtsstaat. Die Geschichte eines Irrwegs“(Ullstein-Taschenbuchausgabe von 1997, auf Seite 206 ff.) anhand von Eugen Richters „Sozialdemokratischen Zukunftsbildern“ (beide Bücher sind im Grunde Pflichtlektüre für veritable Liberale!):

Dieses »Ende« in Form eines »Zuchthausstaates« malt dann Richter in seinen Sozialdemokratischen Zukunftsbildern (1891) aus – »frei nach Bebel« - In Form eines fiktiven Tagebuches schildert hier ein zunächst begeisterter Sozialdemokrat den Sieg der Revolution in Berlin und die anschließende Umgestaltung der Gesellschaft: Verstaatlichung, Auflösung der Familie, Herstellung sozialer Gleichheit, Organisation der Arbeit und des Konsums. Dies wird alles nicht abstrakt dargestellt, sondern in persönlichen Erlebnissen. Hinzu kommen Berichte aus dem Reichstag. Es ist dies eine Umsetzung der utopischen Schilderungen Bebels »Die Frau und der Sozialismus« in das praktische Alltagsleben. Wesentliches von dem, was Richter hier schildert, wurde später in den realsozialistischen Ländern bis ins Detail Wirklichkeit, besonders in der Epoche des sogenannten Kriegskommunismus in Rußland.

Man muß Richters konkrete Imagination bewundern. Der Zerfall der Arbeitsdisziplin, die Verknappung und schließliche Rationierung selbst der Grundnahrungsmittel, der Kapitalverzehr, die Schäbigkeit und Monotonie des Alltagslebens, der wachsende Terror, der Verlust auch der geistigen Freiheit, der Zerfall der sozialen Beziehungen – Bilder wie aus der gerade untergegangenen sozialistischen Welt, welche nur noch düsterer waren, als Richter sie hier mit viel Sarkasmus vorführt. So gibt es in diesen Zukunftsvisionen noch eine politische Opposition im Reichstag, die in Gestalt eines »Abgeordneten aus Hagen« - offenbar meint Richter sich damit selber – die Schlußbilanz des in Anarchie und Aufstand untergehenden Experimentes zieht.

Es lohnt sich, aus der Bilanz des fingierten oppositionellen Reichstagsredners einige Stellen zu zitieren: Deutschland starre jetzt von Soldaten und Polizeibeamten, alle Lebensverhältnisse werden vom Staat überwacht. Die mangels Eigeninteresse eingetretene Arbeitsunlust werde mit Wiedereinführung von Zwangsarbeit - »Sklavendienst« - bekämpft. Die Beseitigung der Unternehmer, die allgemeine Einführung des monopolistischen Großbetriebes habe die Produktivität heruntergebracht. »Ihren Betriebsleitern fehlt jedes eigene Interesse, fehlt die Aufstachelung, welche früher auch dort, wo Staatsbetriebe bestanden, die Konkurrenz der Privatbetriebe mit sich brachte … Wohin sind wir geraten? In dem Bestreben, die Nachteile der sozialdemokratischen Produktionsweise auszugleichen, kommen Sie zu Beschränkungen der persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit, welche Deutschland nur noch als einziges großes Zuchthaus erscheinen lassen … Gleiche Arbeitszeit, zwangsweise Zuteilung zu bestimmten Arbeiten, dergleichen kannten wir früher nur in den Strafanstalten … der Küchenzettel in dieser Strafanstalt ist früher vielleicht besser, jedenfalls nicht schlechter gewesen.« Und diesem Zuchthaus sei man lebenslänglich ausgeliefert, entkommen sei nicht möglich (»Aufseher« und Kontrolleure an den Grenzen!). Was an Wissen- und Wirtschaftskapital noch vorhanden sei, sei nur ein Rest aus besseren Zeiten.

Auf der Grundlage dieser Gesellschaftsordnung sei nicht einmal die Bevölkerungszahl zu halten, sie müssevermindert werden. »Viele Milliarden an Werten hat die Umwälzung schon zerstört, Milliarden müßten weiter geopfert werden, um die jetzt vorhandene Desorganisation der Volkswirtschaft wieder zu beseitigen … Jeder Tag der Verzögerung in der Befreiung des Vaterlandes von dieser unseligen Verirrung der Geister führt uns dem Abgrund näher. Darum nieder mit dem sozialdemokratischen Zuchthausstaat, es lebe die Freiheit! « (Protokollvermerk: »Stürmischer Beifall auf der linken Seite und auf den Tribünen, lebhaftes Zischen und große Unruhe
auf der rechten Seite.« Mit der »linken« ist die liberale Seite gemeint). Immerhin gab es hier noch ein Parlament mit liberaler Opposition. Die systematische Liquidierung aller politischen Gegner durch den späteren »realen Sozialismus« vermochte sich Eugen Richter nicht vorzustellen.

Welche Partei steht heute in der Tradition dieses kompromißlosen Freiheitskämpfers? Die FDP etwa? Auf Seite 271f. stellt Habermann fest:


Es ist in der liberalen Programmatik bis heute ein Dualismus zwischen englisch-empirischen und französisch-rationalistischen Argumentationslinien feststellbar, der die Partei ständig mit Spaltungen bedroht. [Eugen] Richterscher Linksliberalismus gilt heute innerhalb der FDP eher als »rechts«.



Monday, February 05, 2007

Eugen Richter

Die Sozialdemokratischen Zukunftsbilder des entschiedensten Liberalen der Kaiserzeit, des Reichtsagsabgeordneten Eugen Richter, sind nun neu editiert mit einer exzellenten Einführung von Detmar Doering bei edition eigentümlich frei erschienen. Eine äußerst lohnende, manchmal ob ihrer prophetischen Vorausschau beklommen machende Lektüre, die all jenen Freunden in die Hände zu wünschen ist, die an einer gründlichen Revision der Geschichte des deutschen Liberalismus interessiert sind.

Thursday, February 01, 2007

Enough is enough! No more politics!

"Um klar zu sehen, genügt ein Wechsel der Blickrichtung."
Antoine de Saint-Exupéry


Die entschiedenen Freunde der Freiheit, zu dieser Überzeugung bin ich mittlerweile gelangt, werden mit herkömmlicher Parteipolitik gegen die allgemeine Tendenz nichts mehr ausrichten können. Der Weg der "Bundesrepublik Deutschland" zur Knechtschaft ist vorgezeichnet. Höchste Auswandererzahlen seit den 30er Jahren sind hierfür ein sicherer Indikator. Es gibt kein besseres Frühwarnsystem als die Fluchtbereitschaft der Besten, der (vor allem auch geistig) Mobilsten. Statt uns in verschleißenden Rückzugsgefechten gegen Oberflächenphänomene des wie die Sahara langsam aber unabwendbar vorrückenden Etatismus aufzureiben (so ist etwa eine SPD-Justizministerin, die im Windschatten der EU-Ratspräsidentschaft in treudeutschen Größenwahn europaweit die Marktfreiheit - zunächst "nur" für Zigaretten und "Killerspiele" - sowie die Meinungs- und Bekenntnisfreiheit - zunächst "nur" für Geschichtsrevisionisten und Scientologen - außer Kraft setzen will, nur ein unverkennbares Zeichen für einen politischen Klimawandel; eine UNO, die zielgerichtet und mit dem religiösen Eifer von Kreuzzüglern eine globale Öko-Diktatur zu errichten sich anschickt, ein weiteres, gegen das anzurennen nur die Vergeblichkeit sämtlicher Bemühungen im systemimmanenten Rahmen beweisen würde; aber dieses Beweises bedarf es längst nicht mehr!) sollten wir uns nicht länger in die eigene Tasche lügen, sondern etwas Unerhörtes tun: Widerstehen, vor allem den Versuchungen und Verlockungen parteipolitischer Betriebsamkeit. Mit gradualistischen Konzepten stabilisiert man nur das System, das seine einmal eingeschlagene Marschrichtung aber nicht der paar kritischen Kollaborateure zuliebe auch nur modifizieren wird, nicht einmal wird es die Taktzahl verlangsamen.

Im Gegenteil: je mehr Freiheitsfreunde von den eigenen Grundsätzen aus übelangebrachter Höflichkeit oder "Pragmatismus" abrückend zu Konzessionen gegenüber dem Leviathan bereit sind, um auf so weniger kompromißlosen Widerstand er trifft, umso mehr neigt sich die Waagschale der öffentlich vertretbaren Auffassungen in seine Richtung. Das "Mitmachen, um Schlimmeres zu verhüten" ist die gefährlichste Selbsttäuschung, der Liberale im totalitären Zeitalter des 20. Jahrhunderts oft genug erlegen sind. Das ist keine Frage der Meinung, sondern der Haltung.


Wer weiß denn heute noch, wie hoch die Staatsquote und die Staatsverschuldung im Jahre 1982 war, als die Liberalen vermeinten, man müsse jetzt die Notbremse ziehen und die Regierung Schmidt verlassen? Beide Kennziffern würden uns heute als paradiesisch erscheinen, ihre Erreichbarkeit in den Bereich der politik-fernen Utopie verwiesen!


Für das liberal-demokratische Intermezzo ist der letzte Vorhang gefallen. Die Demokratie entledigt sich ihrer liberalen Legierung und zeigt sich bar jeder Mimikry ungeniert in ihrer wahren, totalitären Blöße. Liberalismus und Demokratie werden fortan getrennte Wege gehen. Zwischen einer Entpolitisierung der Gesellschaft, der Auflösung von Macht- in freiwillig interagierende Tausch- und Marktverhältnisse zwischen selbstbestimmten Individuen und dem Endziel einer kollektivierenden Fundamentalpolitisierung aller Lebensbereiche, wie sie die Demokratie sich aufs Banner geschrieben hat, kann es keinen Kompromiß geben.

Jede "Ja, aber"-Position diskreditiert sich selbst. Man kann nicht auf beiden Hochzeiten gleichzeitig tanzen.

In den 90er Jahren ließ das Bundesverfassungsgericht (Zufluchtspunkt aller klassisch liberalen Tagträumer von einer refomierbaren BRD) folgenschwerste Anschläge auf das Privateigentum zu. Pars pro toto seien vor allem die Staatshehlerei zu nennende SBZ-Enteignungs-Entscheidung und die Euro-Entscheidung (bzw. Nicht-Entscheidung) genannt, die durch passives Gewährenlassen die Ausplünderung der Bürger durch die herrschende Klasse ermöglichten. Gestern nun ging es einen Schritt weiter und machte sich mit seiner Erbrechtsentscheidung zum Schrittmacher einer obszönen Enteignung der BRD-Untertanen über den Tod hinaus. Wer jetzt noch glaubt, er sei von seiner inneren Loyalität gegenüber diesem System nicht entbunden, der muß sich fragen lassen, ob er nicht schon lange von seinem eigenen Verstand und seiner Zurechnungsfähigkeit entbunden wurde.

Radikale (von lat. radix = die Wurzel!) Freiheitsfreunde, die sich nicht mehr die alten staatsfrommen Lügen auftischen lassen wollen, gehen derweil eigene, unkonventionelle Wege, jenseits der "libertär-konservativen" Holzwege oder "westlich-gelegenheitsliberalen" Sackgassen. Allem voran das Projekt blog.anarchist.tv verdient in meinen Augen besondere Beachtung. Die Macher glauben "an die Vernunftbegabtheit des Menschen, an die Freiheit Aller, an die Gewalt- und Herrschaftslosigkeit, an die Freiwilligkeit jeglicher sozialer Interaktion und an das Eigentum als die Grundlage der Freiheit." Und sie führen auch keinen Eiertanz auf sondern kommen in erfrischender Klarheit gleich zum Punkt:

"Wir sind bekennende Anarchisten."

Als theoretische Grundlagen dieses spannenden individual-anarchistischen Ansatzes, für den ich meine Sympathien von nun an nicht mehr länger verheimlichen möchte, sind insbesondere die Schriften von Stefan Blankertz ("Die Therapie der Gesellschaft. Perspektiven zur Jahrtausendwende" und "Das libertäre Manifest") und das nun endlich auch auf deutsch vorliegende "Neulibertäre Manifest" von Samuel Konkin III, in einer brillanten Übersetzung von Matt Jenny zu empfehlen.


Manchmal braucht es eines letzten, kleinen Anstoßes, um eine lange in einem gereifte Entscheidung zur Tat zu bringen. Bei mir war es heute morgen ein banales Schlagertextchen von Peter Cornelius, das mir nötigen Impuls gab, der alten Hure Politik auf Nimmerwiedersehen zu sagen:


"Denn es ist nie zu spät für einen neuen Weg.
Wenn man auf einmal spürt, daß man am Ende steht,
dann sollte man gehen.
Nein, es ist nie zu spät, auf diesem neuen Weg
lern ich mich selbst versteh’n. Ich weiß genau
ich muß ihn gehen."