Monday, July 30, 2007

Deutschlands Gladstone

hätte er werden können, doch die Umstände und das Schicksal, das dem liberalen Kaiser Friedrich III nur 99 Tage als Regent vergönnte, zwangen Eugen Richter, dessen linksliberale Fortschritts-Partei bzw. Freisinnige Partei lange Zeit als "Kronprinzenpartei" galt, ein Leben lang in der Opposition zu verharren.

Heute, an seinem 169. Geburtstag, sollte man sich ruhig einmal die treffende Charakterisierung des liberalen Historikers Erich Eyck (von den Nazis ins Exil getriebener Autor des monumentalen und überaus kritischen Standardwerkes zu Otto von Bismarck) dieser bemerkenswerten Persönlichkeit vor Augen führen, um zu erahnen, welche moralischen und geistigen Kräfte auch der parteipolitisch organisierte Liberalismus im späten 19. Jahrhundert gegen Militarismus, Etatismus und Sozialismus noch aufzubieten hatte.


Eugen Richter. Der stämmige Rheinländer mit dem breiten, vom Bart umrahmten Gesicht und der trutzigen Stirn fällt ihm [Bismarck] schon durch den Ton seiner hellen und scharfen Stimme auf die Nerven. Daß Richter eine unvergleichliche Sachkunde besitzt und aus der kompliziertesten Vorlage den Kernpunkt mit überraschender Schnelligkeit und Treffsicherheit herauszuschälen vermag, bestreitet selbst Bismarck nicht. Aber seine Neigung, den Kanzler persönlich in den Mittelpunkt seiner Angriffe zu stellen, oder ihn gar mit einem: „Weiß denn der Herr Reichskanzler nicht …?“ zu apostrophieren, bringt ihn immer wieder zur Empörung. Wenn Richter anhebt: „Der Herr Reichskanzler hat gesagt“, verläßt er am liebsten den Saal, - was ihn freilich nicht hindert, bei der nächsten Gelegenheit dem fortschrittlichen Führer mit der größten Schärfe in aller Ausführlichkeit zu antworten. Wie Bismarck selbst steht auch Richter unter den Eindrücken der Konfliktszeit. Er hat damals nicht nur als junger Regierungsbeamter die Engherzigkeit und Verfolgungssucht der Reaktion persönlich kennengelernt, sondern die Rücksichtslosigkeit und Bedenkenfreiheit beobachtet, mit der Bismarck sich über die Verfassung hinweggesetzt hat. Das hat er nicht vergessen und sieht in dem Kanzler den abgesagten Feind eines freien konstitutionellen Lebens. Mit demselben Argwohn, mit dem Bismarck Gegner und Rivalen betrachtet, paßt Richter auf alle Wendungen und Manöver des leitenden Staatsmannes auf. Er scheut sich nicht, in den Reichstag zu eilen und auszurufen, der Kanzler habe im Landtag mit einem Staatsstreich gedroht, als er im Abgeordnetenhaus eine bedenkliche Rede über die Polenfrage hielt.

Die unbedingte Opposition, die er Bismarck seit seinem Übergang zum Schutzzoll macht, wurzelt in seiner grundsätzlich freihändlerischen Überzeugung. Richter ist überzeugter Individualist und deshalb abgesagter Gegner der Sozialdemokratie, gegen die er aber nicht mit den Mitteln eines Ausnahmegesetzes kämpfen will. Es ist einer seiner schwersten Vorwürfe gegen Bismarck, daß er mit der Sozialdemokratie in der Konfliktszeit kokettiert hat, um die Fortschrittspartei ins Gedränge zu bringen, ohne zu bedenken, daß die einmal gerufenen Geister niemals wieder loszuwerden sein würden. In den Getreidezöllen sieht Richter nur eine Begünstigung des Großgrundbesitzes auf Kosten des kleinen Mannes, und Bismarcks Finanz- und Monopol-Plänen sowie seiner Vorliebe für die indirekten Steuern begegnet er mit einer ebenso scharfen wie sachlich fundierten Opposition. Mit welcher Meisterschaft und Sachbeherrschung er Zahlen und Tatsachen zu gruppieren und zur Wirkung zu bringen versteht, hatte z.B. vor den Wahlen seine Budgetrede im Februar 1881 gezeigt, in der er das ganze System des Kanzlers einer tief eindringenden Kritik unterzog. Die schroffe Tonart und der bittere Sarkasmus Richters mußten ihm viele Feinde machen, zumal Musen und Grazien ihm fremd geblieben waren. Aber auf der anderen Seite hat es in Deutschland wohl selten einen Parteiführer gegeben, der sich einer so unbedingten Anhängerschaft erfreuen durfte und an dessen Lippen so große Volksversammlungen mit solcher Begeisterung hingen. Erst in einer späteren Zeit, als das Niveau des Parlaments unaufhaltsam sank, erkannten auch seine Gegner, was für eine bedeutende politische und parlamentarische Kraft Richter war, und so mancher begann an der Trefflichkeit eines Systems zu zweifeln, das einen Mann von so unbestreitbaren Fähigkeiten und seltener Sachkunde zur dauernden Opposition verdammte.“ (Bd. 3, Erich Eyck: Bismarck: Leben und Werk, S. 359 f., erschienen 1944 in Zürich)

Wann tritt endlich ein Liberaler aus echtem Schrot und Korn Richters Erbe an in diesem 80-Millionen-Volk?

2 comments:

Anonymous said...

Rotbraune Querfrontler finden sich im Internet überall. Hartzler und Nazis in Personal Union. Reinhold Oberlercher, Werner Pirker, Yvonne Deeg und Horst Mahler sind nur die krassesten Fälle. Schwulenhasser Antisemiten, ‘tschuldigung Antizionisten, Staats- und Gewalthuldiger.

Anonymous said...

Keep on working, great job!

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