Wednesday, December 27, 2006

Dedicated to Henry Louis Mencken

Ein Klassiker des wohl größten amerikanischen Publizisten der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts, H. L. Mencken (1880 - 1956), ist nun - zumindest auszugsweise - auch deutschen Freunden dieses furchtlosen und kühnen Freiheitsdenkers zugänglich: Der Demokratenspiegel aus dem Jahre 1930 . Im deutschen Sprach-und Kulturraum ist Mencken, obwohl er deutsche Wurzeln hatte, noch weitgehend ein Desiderat. Sein Werk verdient es, auch hierzulande endlich die ihm zukommende Würdigung zu erfahren.

Als "teaser" für die Juristen unter meinen Lesern habe ich auch noch ein besonders hübsches Mencken-Zitat gefunden:


"All the extravagance and incompetence of our present Government is due, in the main, to lawyers, and, in part at least, to good ones. They are responsible for nine-tenths of the useless and vicious laws that now clutter the statute-books, and for all the evils that go with the vain attempt to enforce them. Every Federal judge is a lawyer. So are most Congressmen. Every invasion of the plain rights of the citizens has a lawyer behind it. If all lawyers were hanged tomorrow, and their bones sold to a mah jong factory, we'd be freer and safer, and our taxes would be reduced by almost a half."

–H.L. Mencken (1880-1956),
"Breathing Space", The Baltimore Evening Sun, 1924 Aug 4. Reprinted in A Carnival of Buncombe.

Friday, December 22, 2006

Von Friedrich Naumann zu Jörg Haider und Ingo Wolf - Liberalismus sui generis

“Ich hatte im sozialpolitischen Bereich immer ein sozialdemokratisches Herz. […] In Deutschland gab es einmal die sozialliberale Bewegung des Friedrich Naumann. Den Zuschnitt von dessen Gruppierung lasse ich auch für uns gelten.”

Dr. Jörg Haider, österreichischer "Sozialliberaler"


„Alle Ideen des deutschen Nationalismus sind lange vor 1914 erdacht worden. Nicht ein einziger Gedanke fehlte. Nichts in ihm später hinzuzufügen gewesen und nichts ist ihm später hinzugefügt worden. In den Schriften und Reden von Hitler, Goering, Goebbels, Rosenberg, Feder, Spann, Spengler, Sombart und aller übrigen Nationalsozialisten ist nicht eine Spur von Neuem zu entdecken. Alles hatten schon Langbehn, Lagarde, Treitschke, Schmoller, Rohrbach, Hasse, Class, Naumann, Bernhardi, und viele andere weit besser, klarer und vollständiger dargelegt. Der Nationalsozialismus stand schon vor dem Ersten Weltkrieg fertig da. Er ist nicht etwa, wie man irrigerweise anzunehmen pflegt, ein Produkt des Krieges und des Vertrages von Versailles.“ (Ludwig von Mises: „Im Namen des Staates – oder Die Gefahren des Kollektivismus“ Verlag Bonn Aktuell, Stuttgart 1978, S. 166)


„Walther Rathenau…der sich zwar schaudernd abgewandt haben würde, wenn er sich über die Folgen seiner totalitären Wirtschaftspolitik im klaren gewesen wäre, dem aber doch in der eingehenderen Geistesgeschichte des Nationalsozialismus ein hervorragender Platz zukommt. … Sehr ähnlich waren viele der Gedankengänge, die ein anderer ehemaliger Marxist, Friedrich Naumann, lehrte, dessen Schrift „Mitteleuropa“ von allen deutschen Kriegsbüchern wohl die größte Verbreitung fand.“ (Friedrich A. von Hayek: „Der Weg zur Knechtschaft“, Olzog Verlag, München 2003, S. 218)


In einer Fußnote fügt Hayek noch den Hinweis hinzu:

„Ein gutes Resumé der Ansichten Naumanns, die für die deutsche Kombination von Sozialismus und Imperialismus ebenso charakteristisch sind wie die im Text zitierten, findet man bei R. D. Butler, The Roots of National Socialism, 1941, S. 203-209“


By the way: Da paßt es recht gut ins Bild, daß ausgerechnet ein FDP-Inneminister sich derzeit in NRW als Vorreiter des totalen Überwachungsstaates verstehen will. Wer aus der Geschichte nicht lernt, ist dazu verurteilt, sie erneut zu durchleben. Für Kontinuität im Wandel des organisierten Liberalismus ist seit dem Tode Eugen Richters vor hundert Jahren jedenfalls gesorgt. Frohe Weihnachten!

Thursday, December 21, 2006

Redefreiheit duldet aus erzliberaler Sicht keine Einschränkungen. Überhaupt keine!

„Es wird allgemein für gerechtfertigt gehalten, die Redefreiheit einzuschränken, wenn eine Rede die Wirkung hat, die Reputation einer anderen Person fälschlicherweise oder böswillig zu zerstören. Das Recht von Beleidigung und Verleumdung behauptet kurz gesagt ein Eigentumsrecht von jedermann an seiner eigenen Reputation. Aber niemandem kann seine „Reputation“ gehören, weil diese einfach nur eine Funktion von Gefühlen und Einstellungen anderer Menschen ist. Da aber niemandem wirklich das Bewußtsein und die Einstellungen anderer gehören können, kann auch niemand im Wortsinn ein Eigentum an seiner Reputation haben. Die Reputation einer Person verändert sich ständig, in Abhängigkeit von den Einstellungen und Meinungen des Restes der Bevölkerung. Deshalb kann der verbale Angriff auf jemanden kein Eingriff in sein Eigentum sein und somit nicht verboten oder strafrechtlich verfolgt werden.

Es ist natürlich unmoralisch, falsche Behauptungen über eine andere Person aufzustellen, aber es sei noch einmal gesagt, daß das Moralische und das Rechtliche für den konsequenten Liberalen zwei gänzlich verschiedene Kategorien sind.

Außerdem ist es praktisch gesehen so, daß ohne Gesetze über Beleidigung und Verleumdung die Menschen Beschuldigungen ohne vollständige Beweise viel weniger glauben würden. Wenn heute einem Menschen eine Schwäche oder eine Missetat zugeschrieben wird, ist die allgemeine Reaktion, es zu glauben, auch wenn es falsch ist, und zu fragen: „Warum klagt er nicht wegen Verleumdung?“ Das Verleumdungsrecht diskriminiert dadurch natürlich die Armen, weil eine Person mit wenigen finanziellen Ressourcen kaum in dem Maße in der Lage sein wird, einen Prozeß wegen Beleidigung zu führen wie eine Person mit ausreichenden Mitteln. Außerdem können die reichen Menschen das Verleumdungsrecht nutzen, um einen Klub gegen ärmere Personen zu bilden und vollkommen gerechtfertigte Beschuldigungen und Äußerungen mit der Drohung unterdrücken, ihre ärmeren Feinde der Verleumdung anzuklagen. Paradoxerweise ist dadurch eine Person mit begrenzten Ressourcen im gegenwärtigen System mehr gefährdet, verleumdet zu werden und in ihrer eigenen Redefreiheit eingeschränkt zu werden, als sie das in einem System ohne Gesetze gegen Verleumdung oder Diffamierung wäre.“

Murray Newton Rothbard, For A New Liberty, 1978

Monday, December 18, 2006

Entbürokratisierung nach Plan

Bürokratie
Entbürokratisierung
Entbürokratisierungsprogramm
Entbürokratisierungsprogrammkommission
Entbürokratisierungsprogrammkommissionsverwaltung
Entbürokratisierungsprogrammkommissionsverwaltungsbeamter
Entbürokratisierungsprogrammkommissionsverwaltungsbeamtenversorgung
Entbürokratisierungsprogrammkommissionsverwaltungsbeamtenversorgungsgesetz
Entbürokratisierungsprogrammkommissionsverwaltungsbeamtenversorgungsgesetzesflut
Entbürokratisierungsprogrammkommissionsverwaltungsbeamtenversorgungsgesetzesflutverwaltungsapparat

Entbürokratisierungsprogrammkommissionsverwaltungsbeamtenversorgungsgesetzesflutverwaltungsapparatsentbürokratisierung


(Feuerlein 1991, entdeckt bei Roland Baader)

Friday, December 08, 2006

Höchberger JuLis mit eigener Blog-Seite

Der von meinem Freund Clemens Launer erst im Oktober aus der Taufe gehobene Ortsverband Höchberg (bei Würzburg) der Jungen Liberalen ist jetzt auch in die Bloggosphäre eingetaucht. Ein hoffnungsvolles Projekt, wie ich meine! Am 13. Januar 2007, also eine Woche nach Dreikönig, lädt der neugegründete OV zu seiner ersten öffentlichen Veranstaltung ein: dem Liberalen Neujahrsempfang Höchberg. Interessenten melden sich am besten bei FDP_von_unten@gmx.de

Thursday, December 07, 2006

Das Paradoxon der Toleranz

Aus einem sehr lesenswerten Weltwoche-Interview mit dem niederländischen Schriftsteller Leon de Winter:

Die Niederlande sind also immer noch das aufgeklärte Land von Erasmus und Spinoza?
Durchaus. Wir sind stolz darauf, und wir versuchen, diesen Geist zu bewahren. Dies war übrigens eines der Themen von Pim Fortuyn, der immer wieder auf die Ironie unserer Situation hinwies: Wie können wir tolerant bleiben, wenn wir derart viele Leute aus unterschiedlichen Kulturen bei uns aufgenommen haben, die eine intolerante Lebensart haben. Er erklärte: «Diese Leute hassen Homosexuelle. Ich bin ein Homosexueller. Sie wollen nicht, dass ich an meinem Lebensstil festhalte. Wie kann man mit diesem seltsamen Paradoxon leben?»

...

Heute besteht ein Konsens unter den politischen Parteien der Niederlande, dass die Einwanderer sich einfügen müssen. Kann man von einem Meinungsumschwung reden?
Ja. Fortuyns Vermächtnis ist in dieser Beziehung ausserordentlich. Er war der Erste, der das «multikulturelle Drama» zum politischen Thema machte. Wir können ihm nicht mehr ausweichen. Wir kennen die Arbeitslosenzahlen für junge Marokkaner. Wir wissen, wie hoch in den Gefängnissen der Prozentsatz von jungen Männern mit muslimischer Herkunft ist. Im Gegensatz zu den Franzosen erfassen wir nämlich die ethnische Herkunft unserer Gefängnisinsassen. Deshalb wissen wir, wie traurig die Lage ist.




Tuesday, December 05, 2006

"Wir Demokraten" sind die besseren Nazis

Ist es Einfalt oder doch Schamlosigkeit? Die SPIEGEL-Leserin Doris Buchwald (Hannover) scheint jedenfalls in der Ausgabe von dieser Woche (S. 10) eine krude Auffassung zu vertreten, die sich mit "Wir Demokraten werden uns doch von den Nazis die totalitäre Butter nicht vom kollektivistischen Brot nehmen lassen" zusammenfassen ließe, weshalb die gute Frau die "rrrrrestlose" Kinderverstaatlichung fordert.

Ihre Einlassungen zu einem Bericht über millionenschwere "Programme gegen Rechts" verdienen es, im Wortlaut wiedergegeben zu werden:


„Wenn es denn nun so ist, dass viele Jugendliche der Indoktrination erliegen, muss man wohl zu dem Schluss kommen, dass wir Demokraten ebenso mit diesem Mittel arbeiten müssen. Man muss schon bei der Sozialisierung der Kinder anfangen, im Kindergarten. Und in der Schule muss das fortgeführt werden. Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Eltern mit der Erziehungsarbeit überfordert sind, sollte man ernsthaft über eine Kindergartenpflicht nachdenken. Wenn wir nicht mehr in Bildungs- und Erziehungseinrichtungen und Sozialarbeit investieren, haben wir Demokraten eines Tages verloren!“

Lieber Volksstaat selber machen als erleiden? Honi soit qui mal y pense...
Wenn man allerdings die Ideengeschichte der Demokratie bis zu den obskuren "Ideen von 1789" zurückverfolgt und dem sich aus ihnen folgerichtig ergebenden "terreur", wird man nicht umhinkönnen, den "Demokraten" fürs Totalitäre das Copyright zuzugestehen. Erst die liberale Legierung machte die Demokratie, zunächst in England und in der Schweiz, dann in ganz Europa, zu einem erträglichen Unterfangen. Aber diese Legierung korrodiert, hierzulande genauso wie andernorts.



An mahnenden Stimmen, die vor der Kindererziehung als Staatsaufgabe warnten, zuletzt die FAZ am 20.01.2005, hat es gleichwohl nicht gefehlt:


„Was Kinder vor allem anderen brauchen, weiß jeder: Sie brauchen Liebe, Geborgenheit, Zeit. Was davon kann der Staat ihnen geben? Nichts. Über nichts hat aber die von Jugendministerin Bergmann eingesetzte Sachverständigenkommission nicht 600 Seiten geschrieben. Der 11. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung handelt vielmehr von dem, was Eltern wünschen, um sich Kinder finanziell und zeitlich leisten zu können: staatliche Rundumbetreuung von der Wiege bis zum Discoalter. Von den Verfassern des Berichts war nicht zu erwarten, dass sie in dieser Entwicklung auch eine der Ursachen oft beklagter Probleme der Jugend suchen würden. Das liefe der mittlerweile von allen Parteien getragenen Kinderverstaatlichung diametral entgegen. Schon der Titel des Berichts verheißt, dass auf diesem Weg munter vorangeschritten wird: „Aufwachsen inöffentlicher Verantwortung“.
Da greift eine kalte Hand nach den Kleinsten. Vermessen ist, wer von einem Jugendbericht auch Einsichten wie diese erwartet: Noch so gut geführte Krippen und Horte können Kindern nicht das Gefühl vermitteln, um ihrer selbst geliebt zu werden; noch so ausgedehnte Betreuungszeiten nicht die Gewissheit, dass immer jemand für sie da ist. Der Staat kann nicht Vorbild sein und auch die Erziehung nicht ersetzen.“

Paradoxerweise scheinen die Deutschen jedoch zu glauben, daß sie den Aufbau eines neuen Totalitarismus der historischen Lehre aus der versäumten Abwehr des alten Totalitarismus schuldig seien. Diesem Volk ist nicht zu helfen.


Weiterführende Literatur:

Götz Aly: "Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus"
Hans-Hermann Hoppe:
"Demokratie. Der Gott, der keiner ist"
Erik von Kuehnelt-Leddihn: "Demokratie - eine Analyse"
Josef Schüßlburner:
"Demokratie-Sonderweg Bundesrepublik. Analyse der Herrschaftsordnung in Deutschland"
Klaus Hornung: "Das totalitäre Zeitalter. Bilanz des 20. Jahrhunderts"

Saturday, December 02, 2006

Die Wahrheit ist konkret

Mit seinem nüchternen und von Wunschvorstellungen ungetrübten Blick auf den heute real existierenden Konservatismus (der dem Markt und dem Einzelnen immer weniger, dem starken Staat dagegen immer mehr Vertrauen entgegenbringt) bringt Christian Hoffmann in der aktuellen ef so manche "libertär-konservative" Seifenblase zum Zerplatzen.

Was nicht heißt, das man die Hoffnung auf einen freiheitlicheren Konservatismus à la Schrenck-Notzing gänzlich aufgeben sollte, der dann auch als Gesprächspartner für authentische Liberale infrage käme. Nur sollte man eben den Wagen nicht vor das Pferd spannen!