Thursday, December 21, 2006

Redefreiheit duldet aus erzliberaler Sicht keine Einschränkungen. Überhaupt keine!

„Es wird allgemein für gerechtfertigt gehalten, die Redefreiheit einzuschränken, wenn eine Rede die Wirkung hat, die Reputation einer anderen Person fälschlicherweise oder böswillig zu zerstören. Das Recht von Beleidigung und Verleumdung behauptet kurz gesagt ein Eigentumsrecht von jedermann an seiner eigenen Reputation. Aber niemandem kann seine „Reputation“ gehören, weil diese einfach nur eine Funktion von Gefühlen und Einstellungen anderer Menschen ist. Da aber niemandem wirklich das Bewußtsein und die Einstellungen anderer gehören können, kann auch niemand im Wortsinn ein Eigentum an seiner Reputation haben. Die Reputation einer Person verändert sich ständig, in Abhängigkeit von den Einstellungen und Meinungen des Restes der Bevölkerung. Deshalb kann der verbale Angriff auf jemanden kein Eingriff in sein Eigentum sein und somit nicht verboten oder strafrechtlich verfolgt werden.

Es ist natürlich unmoralisch, falsche Behauptungen über eine andere Person aufzustellen, aber es sei noch einmal gesagt, daß das Moralische und das Rechtliche für den konsequenten Liberalen zwei gänzlich verschiedene Kategorien sind.

Außerdem ist es praktisch gesehen so, daß ohne Gesetze über Beleidigung und Verleumdung die Menschen Beschuldigungen ohne vollständige Beweise viel weniger glauben würden. Wenn heute einem Menschen eine Schwäche oder eine Missetat zugeschrieben wird, ist die allgemeine Reaktion, es zu glauben, auch wenn es falsch ist, und zu fragen: „Warum klagt er nicht wegen Verleumdung?“ Das Verleumdungsrecht diskriminiert dadurch natürlich die Armen, weil eine Person mit wenigen finanziellen Ressourcen kaum in dem Maße in der Lage sein wird, einen Prozeß wegen Beleidigung zu führen wie eine Person mit ausreichenden Mitteln. Außerdem können die reichen Menschen das Verleumdungsrecht nutzen, um einen Klub gegen ärmere Personen zu bilden und vollkommen gerechtfertigte Beschuldigungen und Äußerungen mit der Drohung unterdrücken, ihre ärmeren Feinde der Verleumdung anzuklagen. Paradoxerweise ist dadurch eine Person mit begrenzten Ressourcen im gegenwärtigen System mehr gefährdet, verleumdet zu werden und in ihrer eigenen Redefreiheit eingeschränkt zu werden, als sie das in einem System ohne Gesetze gegen Verleumdung oder Diffamierung wäre.“

Murray Newton Rothbard, For A New Liberty, 1978

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