Friday, June 29, 2007

Europäische Volksverdummung

Die politische Klasse Europas mogelt sich am Willen der Europäer vorbei in den Superstaat. Außer Markus Somm in der Weltwoche sind diese billigen Griffe in die sprachakrobatische Trickkiste offenbar niemandem im Medien-mainstream aufgefallen, geschweige denn, daß sie ernstlich jemand zu beanstanden gehabt hätte. Was beweist: Die Medien in EU-Europa funktionieren weitgehend bereits reibungslos im Sinne der europäischen Rätediktatur!

Das überrascht nicht wirklich. Der britische EU-Abgeordnete und profilierte Euro-Skeptiker Daniel Hannan (Weltwoche-Lesern kein Unbekannter) erklärt im Interview mit der aktuellen "Jungen Freiheit", was hinter den Kulissen vor sich geht:

"Was mich am meisten erschreckt hat, war der Fall des couragierten deutschen Journalisten Hans-Martin Tillack, der über die Fehler und Mißstände bei der EU-Antikorruptionsbehörde Olaf recherchierte, woraufhin seine Wohnung von der Polizei durchsucht, er verhaftet und neun Stunden ohne Kontakt zu einem Anwalt festgehalten wurde, während die Behörden in Ruhe seine Unterlagen sichteten. Kapiert? – Das war ein klares Warnsignal an die übrige Presse!

[...]

Ich werde niemals die Pressekonferenz vergessen, die ich zusammen mit Hans-Martin Tillack nach dessen Entlassung aus dem Polizeigewahrsam organisiert habe. Reihenweise kamen EU-fanatische Europaabgeordnete, um ihn zu verhöhnen, zu beleidigen und zu warnen: Er müsse aufpassen, daß er der EU-Skepsis nicht Vorschub leiste, er solle sich mit offener Kritik zurückhalten. Sie stritten gar nicht ab, daß er falsch behandelt worden war, aber nicht diesem Umstand, sondern dem, was sie für die europäische Sache hielten, galt ihre alleinige Sorge: Europa sei so wichtig, daß er seine Erfahrungen nicht in der Öffentlichkeit ausbreiten solle, weil das dem Ansehen der EU abträglich sei. Das ist die Antwort auf Ihre Frage: In der EU dominieren die Leute, die diese als so glorreich betrachten, daß sie vor der Wahrheit die Augen zumachen. Wer sich traut, Kritik zu üben, bekommt die üblichen Vorwürfe zu hören: etwa den des Nationalismus. Fazit: Die Kritik verstummt. So schließt sich der Teufelskreis: Gerade weil man damit immun gegen Kritik ist, kann die politische Klasse in der EU tun und lassen, was sie will."


Außerhalb der Schweiz hat man das an Tillack statuierte Exempel tatsächlich als Warnschuß verstanden. Die Lektion wurde gelernt und die gelehrigsten Schüler waren, wie immer, die Hofschranzen der Brüssel-hörigen bundesdeutschen Stiefelleckerjournaille!

Der unlautere Lauterbach

Hierzu ein Gastbeitrag meines Freundes Tobias Brendle, stellvertretender FDP-Vorsitzender von Petershausen in Oberbayern:


Der totalitäre Ungeist schleicht wieder durch die Lande

Von Tobias Brendle

Die Rezension ist zwar ein Verriß, aber sie bleibt doch etwas zahnlos angesichts des Kalibers von Lauterbachs Machwerk. Immerhin redet er dort der Erziehungsdiktatur das Wort. Wenn er dann die Verweigerung der Eltern als "Kindesmißhandlung" behandelt sehen möchte, dann dürfte es nicht allzulange dauern, bis bie diesen daheim die Polizei vor der Türe steht. Schon ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt, daß es immer die totalitären Staaten waren, die den Eltern ihre Kinder weggenommen haben. Und die Bürger dürfen ihre Entmündigung sogar noch aus der eigenen Tasche bezahlen, oder werden besser gesagt um das dafür nötige Geld per Steuern beklaut. Klar, daß dafür mal wieder die Einkommens- und Erbschaftssteuer herhalten muß, sind diese doch die Lieblings-Spielwiesen aller sozialistischen Umverteiler, um es "den Reichen" mal so richtig heimzuzahlen.
Offenbar glauben einige in der SPD, man könne die verlorengegangenen Wahl-Schafe dadurch zurückholen, indem man die gerade zum zweitenmal umbenannte Ex-SED mit ihren Sozialdemagogen noch links überholt. Eine verheerende Entwicklung. In Deutschland schleicht der totalitäre Ungeist wieder durch die Lande....

Thursday, June 28, 2007

Die Flucht vor der Freiheit

Passend zur aufgeregten Neoliberalismus-Debatte dieser Tage fiel mir im Antiquariat ein Buch mit dem Titel "Die Flucht vor der Freiheit" von Otto Veit in die Hände, welches der mit Wilhelm Röpke befreundete neoliberale Nationalökonom im Nachkriegsjahr 1947 verfaßt hatte.

Ähnlich wie José Ortega y Gasset, auf den sich Veit mehrfach bezieht, ist auch für ihn die allgemeine Tendenz zur "Vermassung" eine der Hauptursachen tragischer geschichtlicher Entwicklungen seiner Zeit.

Er beschreibt auch, wie nach den roten und braunen Machtergreifungen die Verwandlung der vordem relativ freien europäischen Gesellschaften in der Periode zwischen den beiden Weltkriegen in totalitär-kollektivistische Zwangsgesellschaften vonstatten geht:

„Als Verräter an der Sache der Gemeinschaft wird verfolgt, wer am Freiheitsideal festhält. Als schimpflich oder verächtlich gilt, was einstmals schlechthin menschenwürdig war.“

Und auch diese Mahnung klingt wieder so aktuell wie lange nicht:

„Nicht ist – wie der zeitnahe Beobachter anzunehmen geneigt war – der Verzicht auf die freie Selbstbestimmung Folge der kollektivistischen Bindungen; sondern umgekehrt: der Kollektivismus ist Folge des Verzichts.“

Dieser Verzicht ist zu einem beträchtlichen Teil auch auf ein Versagen jener soziologischen Schichten - das unternehmerische Bürgertum - zurückzuführen, auf deren Freiheitsliebe der Liberalismus in Deutschland trotz einschlägiger historischer Erfahrungen auch heute noch all seine Hoffnungen setzt.

„Indem das Auf und Ab der Konjunkturen sich verschärft, wachsen die Wagnisse, die der industrielle Unternehmer auf sich zu nehmen hat. Er beginnt nach Möglichkeiten des Schutzes gegen solche Gefahren sich umzusehen. So kommt es zu Zusammenschlüssen in Kartellen und zu Hilfsgesuchen an den Staat. Die liberale Unternehmerphilosophie, die „Manchesterlehre“, die dem Staat jeden Eingriff in das Spiel der wirtschaftlichen Kräfte verwehren will, wird nur so lange wörtlich genommen, als man sie für das eigene Interesse gebrauchen kann. Mit Forderungen nach Schutzzöllen, Kartellschutz und anderen Subventionen wird die Hilfe des Staates herbeigerufen, den man in den Anfängen der Technik in engste Grenzen verwiesen hatte.“

Veit konstatiert eine im 19.Jahrhundert einsetzende Spaltung des Bürgertums in Citoyens und Bourgeoise. Diese entstünde dadurch,

„daß ein Teil der Unternehmerschaft den liberalen Grundideen, denen das Bürgertum seine Existenz verdankt, allmählich untreu wird. […] Die Verschärfung der wirtschaftlichen Wechsellagen vergrößert das unternehmerische Risiko. Der Unternehmer sucht Zuflucht im Kartell oder in der Intervention des Staates. Kaum sind die Reste des alten Merkantilsystems überwunden, so entwickelt sich unter der Oberfläche des liberalen Systems der „Neomerkantilismus“.

Diese Entwicklung hat bedeutsame soziologische Folgen. Diejenigen Kreise, die das Interesse an der freien Marktwirtschaft verlieren, verlieren auch die Verbundenheit mit den liberalen Grundideen. Es sind dies im wesentlichen Kreise um die Großindustrie und den Bergbau. Hier bildet sich allmählich eine großbürgerliche Ideologie heraus, die sich mehr und mehr von der des bürgerlichen Mittelstandes abhebt. So entsteht als neue soziale Schicht die großindustrielle Bourgeoisie.“


Ludwig von Mises erkannte bereits in seiner Gemeinwirtschaft von 1922 klar, daß man eine besondere Affinität des Unternehmers zu liberalen Ideen, auch wenn von sozialistischer Seite oft unterstellt, keineswegs als prinzipiell gegeben annehmen könne.

«Die Unternehmer haben ein Interesse daran, sich zusammenzuschließen, um in Lohnverhandlungen mit der gewerkschaftlich organisierten Arbeiterschaft einheitlich vorgehen zu können. Sie haben ein Interesse daran, sich zusammenzuschließen, um Zoll- und andere Beschränkungen, die mit dem Wesen und dem Prinzip des Liberalismus in schroffem Gegensatz stehen, durchzusetzen oder ähnliche Eingriffe, die ihnen schaden könnten, abzuwehren. Aber sie haben gar kein besonderes Interesse daran, den Sozialismus und die Sozialisierung als solche und damit den Destruktionismus zu bekämpfen. Das Wesen des Unternehmers verlangt es, daß er sich immer den jeweiligen Bedingungen der Wirtschaft anpaßt. Nicht den Sozialismus zu bekämpfen, sondern sich den durch die zum Sozialismus hinstrebende Politik geschaffenen Bedingungen anzupassen, ist es, was der Unternehmer anstrebt. Niemals kann man von den Unternehmern oder von irgendeiner anderen besonderen Gruppe der Bevölkerung erwarten, daß sie aus Sonderinteresse irgendein allgemeines Prinzip der Wohlfahrt zu ihrer eigenen Maxime machen. Die Notwendigkeit, in die sie das Leben hineinstellt, zwingt sie, sich mit den gegebenen Verhältnissen abzufinden und aus ihnen das zu machen, was möglich ist. Es ist nicht Sache des Unternehmers, den politischen Kampf gegen den Sozialismus zu führen; er trachtet, sich und sein Unternehmen den durch die auf Sozialismus hinzielenden Maßnahmen geschaffenen Verhältnissen derart anzupassen, daß für sein Unternehmen unter den gegebenen Verhältnissen der größten Gewinn herausgeschlagen werden kann.

Darum sind denn auch die Vereinigungen von Unternehmern oder solche Organisationen, bei denen die Unterstützung der Unternehmer irgendwelche Rolle spielt, nicht geneigt, grundsätzlich den Kampf gegen den Sozialismus durchzuführen. Der Unternehmer, der Mann, der den Augenblick ergreift, hat wenig Interesse für die Austragung eines säkularen Kampfes. Ihm kommt es darauf an, sich den augenblicklichen Verhältnissen anzupassen. Die Organisation der Unternehmer hat immer nur unmittelbare Abwehr einzelner Übergriffe der Arbeiterverbände zum Ziel, sie bekämpft etwa auch noch einzelne Maßnahmen der Gesetzgebung, wie zum Beispiel einzelne Steuervorlagen; sie erfüllt überdies alle jene Aufgaben, die ihr von der Gesetzgebung und Verwaltung dort übertragen werden, wo, um der destruktionistischen Arbeiterbewegung einen Einfluß auf die Wirtschaft zu geben, die organisierte Unternehmerschaft mit der organisierten Arbeiterschaft zusammenzuwirken hat. Den grundsätzlichen Kampf für die Beibehaltung der auf dem Sondereigentum an den Produktionsmitteln beruhenden Wirtschaftsverfassung zu führen, liegt ihr fern. Sie steht dem Liberalismus ganz gleichgültig gegenüber, wenn sie ihn nicht überhaupt, zum Beispiel in der Zollpolitik, offen bekämpft.»


Der Liberalismus ist eben, entgegen des hierzulande gepflegten Vorurteils, doch eine Geisteshaltung, keine Frage des Einkommens. Und bei den Deutschen - quer durch alle sozialen Schichten - gleichermaßen verpönt, wovon die neuerlichen "Beck-Messereien" um den "Neoliberalismus" nur ein weiteres Mal trauriges Zeugnis ablegen.


Wednesday, June 27, 2007

Wozu denn in die Ferne schweifen?

Man könnte durchaus von einer Re-Patriierung sprechen, würde es in Deutschland doch noch einmal zu einer Renaissance liberalen Denkens kommen. Viele Freiheitsfreunde liebäugeln (bösäugeln) ja verständlicherweise mit dem Gedanken ans Auswandern. "Bleibe im Lande und wehre dich täglich" könnte aber auch ein Lebensmotto sein. Dem liberalen Denken in Deutschland endlich zum Durchbruch zu verhelfen, wäre ohnehin des Schweißes der Edlen wert. Oliver Hartwich erinnert verdienstvollerweise in der WELT-Debatte an eine stolze Ahnengalerie deutscher Freiheitskämpfer des Wortes.

Die Demaskierung eines Scharlatans

sowie fragwürdigsten intellektuellen Stichwortgebers der heraufdämmernden Wohlfahrtsdiktatur, gelingt Carlos A. Gebauer in der FAZ in seinem genüßlich zu lesenden Verriß der neuesten Karl-Lauterbach-Kampfschrift "Der Zweiklassenstaat".

Tuesday, June 26, 2007

Freiheit für Marco Weiss!

Eine Gruppe von Leuten aus Uelzen (befreundet mit Marco) haben für die Familie des von einem Staat, einem EU-Beitrittskandidaten gar, wegen eines "victimless crime" gekidnappten Jugendlichen eine Spendeninitiative ins Leben gerufen. Der Familie kann durch finanzielle Unterstützung geholfen werden:

Spendenkonto "Marco" Sparkasse Uelzen; Kt.-Nr. 268 532; BLZ: 258 501 10


Im übrigen kann man nur hoffen, daß der Junge diesen Wahnsinnscocktail aus victorianisch-islamischer Prüderie und "rechtsstaatlicher" Brachialgewalt dennoch übersteht. Es ist immer wieder empörend, wenn auch nicht wirklich überraschend, wie Gewaltmonopolisten den Einzelnen zerbrechen. Bei Sätzen wie "Wir respektieren die Unabhängigkeit der türkischen Justiz" kriege ich jedenfalls einen zuviel!

National-Sozialismus pur

"Unterdessen stellen Staatsmänner in Venezuela und Bolivien unter Beweis, daß der kapitalistische Fortschrittsgedanke zur Verabsolutierung des Fetischs Privateigentum kein unüberwindbares Dogma darstellt: Dort wird durch die Ausdehnung öffentlichen Eigentums, nicht zuletzt durch die Verstaatlichung des Rohstoffreichtums, die Grundlage geschaffen, auf dem das Primat der Politik möglich ist. Währenddessen gedenken ›Volksvertreter‹ in der BRD, mit der Bahn an die Börse zu gehen und die von der öffentlichen Hand kontrollierten Sparkassen zu privatisieren. Die Profiteure dieser ›Politik‹ sind Heuschrecken aller Art, letzten Endes das internationale Finanzkapital. [...]

Auf den Prüfstand, so lautet Schwabs Befund, sind sämtliche ›westlichen Werte‹ zu stellen, die u. a. heißen: bürgerliche Aufklärung und Fortschrittsglaube, Individualismus und Privateigentum, Menschenrechte und multikulturelle Gesellschaft. Das Konzept, das der Autor entwickelt, sieht die Wiedergewinnung eines souveränen deutschen Nationalstaats vor, der in eine europäische Großraumordnung einzubinden ist, was den Sturz der Globalisierung zur Voraussetzung hat."


Klar ist: Wer sowas schreibt, ist nicht ganz frisch in der Tüte. Aber es soll ja immer noch Libertäre geben, die von einer wie auch immer gearteten Kooperation mit der deutschen Rechten träumen. Auch die haben den letzten Schuß nicht gehört.

Um den "Fetisch" Privateigentum zu beseitigen, könnte man ja im übrigen mal damit anfangen, das Haus von Schwabs "national-revolutionärer" Burschenschaft in Volkseigentum zu überführen.

Ökonomischer Faschismus ist Selbstzerstörung

Wie man unter anderem in Gerard Radnitzkys Lebenserinnerungen nachlesen kann, war das Dritte Reich zu keinem Zeitpunkt ökonomisch wirklich erfolgreich. Dieser durch Zeitgenossenschaft bezeugte Eindruck verfestigt sich, wenn man das neben Götz Alys Analyse von Hitlers Volksstaat vielleicht wichtigste, die tatsächliche empirische Faktenlage gründlich auswertende Buch zur Wirtschaftsgeschichte des National-Sozialismus von Adam Tooze studiert. Die Ökonomie des Faschismus führt eben immer zum vorhersehbaren Ergebnis: dem totalen Zusammenbruch, dem in aller Regel ein totaler Krieg vorausgeht, um das Unvermeidliche hinauszuzögern. Daß freilich auch Roosevelts Politik in diesen Kontext einzuordnen ist, gehört - noch - zu den bestgehütetsten Tabus der mainstream-Geschichtsschreibung.

Sunday, June 24, 2007

Attacken auf die Klima-Lüge

sind neuerdings schon in mainstream-Medien erlaubt. Das beweist das von Michael Miersch verantwortete Schwerpunkt-Thema in der Juni-Augabe von Cicero. Deutet sich da gar ein allfälliger Klimawandel der öffentlichen Meinung an? Dieser Artikel führt uns jedenfalls eines vor Augen: Das Festhalten an unpopulären Überzeugungen gegen die Irrtümer der Masse kann durchaus zum Erfolg führen, wenn man einen langen Atem hat und dabei die nicht immer leichte Balance zwischen Seriosität und Radikalität zu halten versteht. Es gelingt leider nicht jedem, die notwendige Äquidistanz zu Eiferern und Anpaßlern zu wahren.

Friday, June 22, 2007

Aufschlußreich

ist es schon, daß der Herausgeber des wichtigsten radikalliberalen Printmediums, der den Verlust von Abonnenten beklagt, sich in publizistischer Nachbarschaft zum lunatic fringe von rechts und links wähnt, anstatt zu liberalen Periodika wie brand eins oder Neue Nachricht. Und wünschte man sich nicht, er wählte sich beispielsweise jemanden wie Weltwoche-Chef Roger Köppel zu seinem Vorbild als ausgerechnet "Junge Freiheit"-Gründer Dieter Stein (wie in "ef-intern" einmal geäußert)?

Wednesday, June 20, 2007

Nahost: Zeit für einen libertären Paradigmenwechsel?

»Die meisten Araber sind Opfer ihrer Unkenntnis von Demokratie. Sie wissen, was falsch ist, und sie wissen, was wahr ist, aber sie haben Angst vor ihren Führern. Das ist der Grund für ihr irrationales Verhalten. Die Angst ist der Grund ihres Leidens.«

Nein, diese Aussage stammt nicht, wie jetzt einige Leser vermuten werden, von einem bösen Achsen-Blogger, sondern von Majed Khattab, aus einer Reportage in der Zeit. Khattab ist Muslim, 40 Jahre alt, israelischer Staatsbürger. Er hat einen israelischen Universitätsabschluss als Arabist, betreibt aber eine eigene Baufirma in der Nähe von Tel Aviv.

Irgendwie schon komisch, das Ganze. Sonst muß man Libertäre eigentlich nicht erst davon überzeugen, daß jeder Mensch die eigene Obrigkeit am allermeisten zu fürchten hat. Im Falle der Araber scheint man da eine Ausnahme zu machen: an deren Schicksal sind eigentlich immer die Israelis und die Amerikaner schuld.

Daß libertäre "Anti-Interventionisten" zur permanenten Einmischung des Irans in arabisch-israelische Angelegenheiten nie ein Wort verlieren, läßt zumindest Zweifel an ihrer Wahrnehmungsfähigkeit aufkommen. Aber haben wir es hier nur mit einer getrübten Sichtweise zu tun?

Seit Wochen laufen inzwischen Bilder von innerpalästinensischen Gemetzeln über den Äther, doch die sonst stets bei Nahost-Schießereien einsetzende ritualisierte Empörung, die eingeübte Wut-und-Trauer-Rhetorik mit vorgestanzten Sprachschablonen - auch in den gift-und-galle-geschwollenen libertären Diskussionsforen, - bleiben merkwürdigerweise aus. "Erkläret mir, Graf Oerindur, diesen Zwiespalt der Natur". Nun, offenkundig, weil Israel nicht an dem Konflikt beteiligt ist. Da läßt das gefühlig-menschelnde Interesse am Leiden palästinensischer Kinder schlagartig nach, wenn sie nicht durch IDF-Salven, sondern im Kugelhagel ihrer "Befreier" von der Hamas oder deren Kontrahenten von der zwar weniger gewaltbereiten aber nicht minder korrupten Fatah verletzt oder getötet werden.


Böten die palästinensischen Selbstzerfleischungsexzesse nicht selbst hartgesottensten Israel-, USA-, und überhaupt-Kritikern eine Gelegenheit, ein historisches Mitverschulden der arabisch-palästinensischen Seite an ihrer jahrzehntewährenden Misere zumindest einmal, rein hypothetisch versteht sich, in Betracht zu ziehen? Oder gar - horribile dictu - das libertäre Verständnis des Nahost-Konfliktes einer gründlichen Revision zu unterziehen? Und die eigene Einstellung zu Israel zu überprüfen? Na, wir wollen nicht zuviel verlangen.

Dabei kann es gerade den deutschsprachigen Exponenten des Libertarianism nicht schaden, noch einmal ein paar unfrisierte Gedanken, die Michael Kastner, der als erster zu diesem Fragenkomplex einen von ideologischen Glaubenssätzen und Ressentiments unverstellten Blick auf die Wirklichkeit unternommen hat, vor einem Jahr formuliert hat, im Lichte der jüngsten Ereignisse zu reflektieren. Es könnte durchaus ein Erkenntnisgewinn damit verbunden sein. Und vielleicht darüber hinaus auch ein Ende unsäglicher, das eigene intellektuelle Erbe verhöhnender Assoziationen!


P.S.: Ist es nicht äußerst bemerkenswert, daß inzwischen Tausende von Arabern aus dem Gaza-Streifen aufgebrochen sind, um sich im gelobten Land unter jüdische Oberhoheit und damit zugleich in Sicherheit zu bringen? Und daß die, die nicht wegkönnen, sich die israelische Besetzung zurückwünschen? Der jüdische Staat als letzte Zufluchtsstätte derer, die, ausweislich der letzten Wahlergebnisse in Hamastan, seine Vernichtung herbeisehnten? Das_ist_Ironie der Geschichte!



Monday, June 18, 2007

Staatsfrommer Beschwichtigungsliberalismus

Über die diesjährigen Hayek-Tage in der preußischen Garnisonsstadt Potsdam, die erwartungsgemäß so unspektakulär verlaufen sind wie das von den Veranstaltern, die keine Presse "schlechter Presse" stets vorzuziehen bereit sind, offenbar gewünscht wird, berichtet immerhin die ab und an liberale Stimmen zu Wort kommen lassende NZZ in ihrer Ausgabe vom 11. Juni 2007.

Die Kernbotschaft der Tagung lautet, wie könnte es bei durch teutonischen Etatismus gründlich domestizierten Streichelzoo-Liberalen auch anders sein, daß man sich - im Lande der von 98 Prozent der Bevölkerung geteilten Staatsmetaphysik! - von den Anarchisten distanziere:

"Gerade weil die Freiheit das höchste Gut des Menschen ist, darf die Freiheitsliebe politisch freilich nicht in Anarchismus münden."


Symptomatisch für dieses arg limitierte (und staatlich lizenzierte?) Verständnis von Hayeks radikalem Ideengut wird auch der dieses Jahr die Hayek-Vorlesung haltende Ökonom Hans Willgerodt wiedergegeben:

"Eine freie Gesellschaft brauche Regeln, die ihren eigenen Fortbestand sicherten, und dafür sei der Staat zuständig - innerhalb festgelegter Grenzen. Die Hoffnung, dass sich im gesellschaftlichen Wandel rechtzeitig spontan Regeln des angemessenen Verhaltens herausbildeten, sei wirklichkeitsfremd."


Und dann setzt er noch einen oben drauf:

"Willgerodt rief die Liberalen zu mehr politischem Engagement auf."


Stefan Blankertz zeigt in "Die Therapie der Gesellschaft" warum es nun wirklich an der Zeit ist, den betulich-hasenfüßigen "Hayekianern" aus dem medial-edukativ-korporatistischen Establishment die Deutungshoheit über das Werk des Meisters zu entreißen:

„Hayeks Wirkungsgeschichte im Sinne traditioneller wirtschaftswissenschaftlicher Politikberatung ist seit langem abgeschlossen. Daran ändern auch Lippenbekenntnisse einiger »konservativer« Politiker nichts, da sie keine praktischen Konsequenzen ziehen. Meist kennen sie Hayeks Theorie gar nicht.

In den 30er Jahren ist Hayek gegen den keynesianischen »Interventionismus« angetreten. Es spricht einiges dafür, daß nicht die Überlegenheit der Theorie den wirtschaftlichen Triumph von Keynes begründete, sondern deren bessere politische Verwertbarkeit: Während Hayek den Politikern empfahl, sich zurückzuhalten, konnte Keynes ihnen raten, durch vermehrte Staatsausgaben aktiv zu werden – was sowohl für ihr Image als auch für die Vertretung ihrer Interessen günstiger war.

Auf einer ganz anderen Ebene allerdings beginnt die Wirkungsgeschichte von Hayek erst. Eine Reihe von amerikanischen Hayek-Schülern ist über eine Analyse politischer Entscheidungsstrukturen zu der Überzeugung gelangt, daß Politikberatung in der Art ihres Lehrmeisters gar nicht möglich oder auch nur wünschenswert sei. Vielmehr müsse die Theorie ihre Praxis in einer sozialen Bewegung finden, die von jenen Bevölkerungskreisen getragen wird, denen die staatliche Einschränkung oder Unterbindung der »spontanen Ordnung«, also die etatistische Manipulation, besonders schadet. Das sind nun gerade nicht die Mächtigen und Reichen, die die staatlichen Instrumente ja stets zu ihrem eigenen Vorteil einsetzen.“


Daß Hayek und auch dessen genialischer Lehrer Ludwig von Mises, als Kinder ihrer Zeit, jene sich aus der konsequenten Fortentwicklung ihrer Erkenntnisse streng logisch ergebenden anti-etatistischen Schlußfolgerungen nicht immer mit letzter Entschiedenheit zu ziehen bereit waren, nehmen einige ihrer selbsternannten Epigonen gerne zum Vorwand, deren Theorien in einem sehr statischen, ja geradezu musealen Verständnis gefangenzuhalten, wo sie möglichst wenig Sprengkraft zu entfalten vermögen. Hayek und Mises werden von den Beschwichtigungsliberalen auf staatlich besoldeten Lehrstühlen, in den "marktwirtschaftlichen" think tanks (die eigentlich ehrlicherweise Regierungsberatungsagenturen heißen sollten) und den staatstragenden "bürgerlichen" Print-Medien Etatismus-kompatibel rundgelutscht.

Man spreche nur mal auf einer Tagung sogenannt liberaler Ökonomen oder Sozialwissenschaftler Mises' weitreichende Forderungen zum Sezessionsrecht oder Hayeks nicht minder radikale Überlegungen zu einer "Entnationalisierung des Geldes" an und man wird alsbald merken, wie schnell sie alle bemüht sind, diese Ideen mit altväterlich-gütigem Gesichtsausdruck als irgendwie "spleenig" und nicht ganz ernstzunehmend abzutun und dem "jungen Freund" derartige Flausen geflissentlich auszureden.

Das in den vor allem intellektuellen Auseinandersetzungen etwa um die "Globalisierung" weitgehend ungenutzte Erbe von Mises und Hayek wartet noch immer darauf, endlich angetreten zu werden, indem man es mit Leben erfüllt und ihre Ideen in den Köpfen und Herzen junger rebellischer Menschen ein Feuer entzünden (die heute, dank staatlich okkupiertem Medien- und Bildungssektor, stattdessen fette Beute antikapitalistischer Rattenfänger zu werden drohen). So könnte ein couragierter, kämpferischer und kompromißloser Liberalismus fruchtbar gemacht und in den geistigen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts endlich zur vollen Blüte gelangen. Bis dato werden Mises, Hayek und die anderen großen Freiheitsdenker und Weggefährten ihrer Zeit indes bloß von Nachlaßverwaltern mehr schlecht als recht gepflegt - und einmal im Jahr pflichtschuldigst abgestaubt. Das ist zu wenig!

Saturday, June 16, 2007

Worte des Tages

«Es heißt nicht Freiheit statt Sozialismus, sondern Freiheit und Sozialismus. Besser noch: Freiheit durch Sozialismus.»

Oskar Lafontaine auf dem heutigen Gründungsparteitag der SED.

«Es gibt so große leere Worte, daß man darin ganze Völker gefangen halten kann.»

Stanislaw Jerzy Lec

Thursday, June 14, 2007

Our Enemy, The State II

Der Titel der wohl berühmtesten Schrift von Albert Jay Nock (1872 - 1945) könnte durchaus auch mein persönliches Lebensmotto sein. Bedauerlicherweise ist der bedeutende und im amerikanischen Geistesleben durchaus einflußreiche individualanarchistische Denker in Europa weitgehend unbekannt, was aber bei seiner sehr typisch amerikanischen Radikalität nicht weiter verwundert und was er mit Lysander Spooner, Benjamin Tucker, H.L. Mencken, Frank Chodorov, Rose Wilder Lane, Garet Garrett, und vielen anderen gemeinsam hat.

Umso mehr sollten es sich die entschiedenen Freunde der Freiheit angelegen sein lassen, Nock endlich auch einer breiteren deutschsprachigen Öffentlichkeit bekannt zu machen!

Our Enemy, The State I

Via meinen (semi-?)libertären Lieblingsblog Antibuerokratieteam:



"Too many libertarians have absorbed the negative and elitist conservative worldview to the effect that our enemy today is the poor, who are robbing the rich; the blacks, who are robbing the whites; or the masses, who are robbing heroes and businessmen. In fact, it is the state that is robbing all classes, rich and poor, black and white, worker and businessman alike; it is the state that is ripping us all off; it is the state that is the common enemy of mankind."

Murray N. Rothbard

Tuesday, June 12, 2007

Gespensterdebatte um den Neoliberalismus

Vorsicht! Wer "neoliberal" sagt, will betrügen!

Dieser Warnhinweis wäre auch bei Kurt Becks völlig wirrer Philippika gegen seinen sozialdemokratischen Koalitionspartner und dessen angebliche neoliberale Ausrichtung angebracht gewesen.

Auf diesem Blog wurde der Begriff ja schon mehrfach gegen seinen tagespolitisch-polemischen Ge- und Mißbrauch in Schutz genommen, gerade weil ich kein Neoliberaler bin, sondern ein am aus dem 19. Jahrhundert stammenden alt-liberalen Ideal des laissez faire und des strikten Nichteingriffes des Staates ins Wirtschaftsleben (und in unser Leben überhaupt!) festhaltendes Fossil!

Gerald Braunberger unternimmt heute in der FAZ - aus dezidiert neoliberaler, also staatsbejahender Sicht - einen soundsovielten Versuch der Ehrenrettung eines geschundenen und vielfach geschmähten Begriffes.

Zum Aberwitz des Neoliberalismus-Vorwurfs in Richtung CDU/CSU erlaube ich mir, an dieser Stelle die NZZ vom heutigen Tage zu zitieren:

«Im verzweifelten Ringen um Aufmerksamkeit hat der unter Druck stehende Parteivorsitzende Kurt Beck am Montag zum Zweihänder gegriffen. Er behauptete in einem Zeitungsbeitrag, der Koalitionspartner hänge dem Neoliberalismus nach, «einer Ideologie ohne Erdung». Es ist schon schlimm genug, wenn «neoliberal» als Schimpfwort eingesetzt und in breiten Kreisen auch so verstanden wird. Geradezu absurd wird es aber, wenn das Adjektiv ausgerechnet den deutschen Unionsparteien angeheftet wird. Von «neoliberaler» oder auch nur schon klassischer liberaler Politik ist seit dem Regierungsantritt der Union im Herbst 2005 nichts zu sehen. Die Koalition hat die Steuern massiv erhöht. Die Staatsausgaben wachsen rascher als unter Rot-Grün, die Staatsschuld steigt trotz dem Aufschwung weiter an. Die Planwirtschaft im Gesundheitswesen wurde ausgebaut, die kostspielige rot-grüne Umwelt- und Familienpolitik wird unverändert fortgesetzt. Von einer Liberalisierung des starren Arbeitsmarkts fehlt jede Spur. In der Rhetorik der CDU hat der Begriff der sozialen Verantwortung jenen der Freiheit zunehmend verdrängt. Gefahr droht der SPD höchstens dadurch, dass die Union allenfalls die bessere sozialdemokratische Politik macht, nicht jedoch, dass sie liberale Politik machen will.»

Monday, June 11, 2007

Der deutsche Idealismus

«Deutsch sein heisst, eine Sache um ihrer selbst willen zu betreiben; ob es um den Lebensraum im Osten, die Friedenspolitik, den Schutz des Klimas oder die Abwehr der Globalisierung geht, letztlich zählt nicht das Ergebnis, sondern der Einsatz. Er muss «selbstlos», «unermüdlich» und frei von «kommerziellen Interessen» sein. Der deutsche Idealismus, der noch jeder politischen Katastrophe vorausging, ist zäh wie eine Lederhose und immun gegen jede Erfahrung. Vor allem aber ist er der Urschlamm, aus dem sich immer wieder eine «Volksgemeinschaft» bildet, die aus einer Herde von Mitläufern ein Heer der Aktivisten macht.»

Henryk M. Broder in der Weltwoche Nr. 23.07


Touché!

Open Trade, Open Borders, Open Minds

«Es ist die Ironie der Weltgeschichte, dass die Folgenlosigkeit der G-8-Treffen in Wirklichkeit ihr Segen und nicht ihr Fluch ist. Keine Entwicklungshilfe nach Afrika ist besser, als noch mehr Geld in den Kontinent zu pumpen. Keine Regulierung der Hedge-Funds ist besser, als ihnen Vorschriften zu machen. Denn das Geld geht von allein dorthin, wo sich gute Renditen erwirtschaften lassen. Dass die Globalisierung der Welt in den vergangenen 25 Jahren einen ungeahnten Wohlstand beschert hat, ist jenseits allen Gipfeltheaters passiert. Das Geheimnis der Wohlfahrtsgewinne ist relativ simpel. Es heisst: open trade, open borders und open minds. Dort, wo Staaten begonnen haben, diese Türen nur einen Spalt weit zu öffnen – viel mehr ist in Indien und in China nicht passiert –, lässt sich der Erfolg besichtigen. Allein in China ist seit 1980 die Zahl der Armen (jener, die von weniger als zwei Dollar täglich leben müssen) von 260 auf 42 Millionen geschrumpft. Die globale Weltwirtschaft ist heute so robust, dass ihr weder Finanzkrisen noch die Angst vor Terror etwas anhaben können. Und schon gar nicht Heiligendamm.»

Rainer Hank, Wirtschaftsressortleiter der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in der Weltwoche Nr. 23.07

Friday, June 08, 2007

Der Staat braucht Feindbilder. Aber brauchen wir sie?

Was soll nur diese in libertären Kreisen neuerdings in Mode kommende ständige Schuldzuweisung an kollektive Entitäten, die angeblich überproportional an den Mißständen schuld tragen, überhaupt bringen? Begeisterungsfähigkeit wecken? Erkenntnisgewinn befördern? Bei wem? Ich brauche solche Feindbilder nicht (mehr). Weder die Time-Preference-Rate von Homos noch die genetische IQ-Disposition von Negern noch die alleinerziehenden Mütter oder Drogen-Junkies haben uns den Staat beschert.

Die amerikanische Quasi-Anarchie der Gründerzeit etwa wurde von überwiegend heterosexuellen (Ausnahme: Abraham Lincoln), weißen, angelsächsischen, puritanisch-protestantischen Männern sukzessive verraten und beseitigt. Das ist Fakt. Da brauche ich nicht umständlich nach Netto-Staats-Profiteuren zu fahnden. Wir gehen völlig in die Irre, wenn wir vergessen, daß alle sozialen Gruppen IHRE Art haben, sich falsch (also systemkonform) zu verhalten, und es keinen gibt, der das Vorrecht hat, aus seinem Glashaus heraus mit Steinen zu werfen. Es gibt eben kein richtiges Leben im falschen (Adorno).

Natürlich gibt es Sozialhilfe-Dynastien und in- wie ausländisches Gesindel in allen deutschen Städten, das seinen Mitbürgern parasitistisch auf der Tasche liegt. Aber was ist mit schamlos Subventionen und Staatsprivilegien abgreifenden Bauunternehmern und Spediteuren? Was ist mit Rüstungs- und Ausrüstungsunternehmern – einschließlich der Aktionäre solcher Firmen – deren allereinziger Kunde die Bundeswehr ist? Könnte man nicht auf diese 3 Gruppen von „Unternehmern“ münzen, was Kohls einstens geschaßter Kanzlerberater Basilius Streithofen mal über „Juden und Polen“ sagte: die „größten Ausbeuter des deutschen Steuerzahlers“? Wenn wir mit diesen Schuldzuweisungsdiskursen erst einmal anfangen, landen wir mitten im geistigen Bürgerkrieg – von dem wiederum nur einer profitiert: der Staat.

Thursday, June 07, 2007

eigentümlich frei - die Grundsatzdebatte

Hier und hier die Updates zu einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Debatte, die man eigentlich auch sachlich, so wie mein Freund Simon Kromer es in einer Rundmail an die Libertären in der FDP vormacht, hätte führen können:

"Zwei Dinge kann ich mit Sicherheit sagen: Erstens, zugrunde liegt bei der ganzen Geschichte eigentlich die Frage darüber, in welche Richtung sich die libertäre Bewegung und insbesondere die Zeitschrift Eigentümlich Frei entwickeln soll.

Zweitens, meine Position liegt eindeutig darin, dass zunehmend rechte und spießbürgerliche Töne in der Libertären Plattform oder in der Eigentümlich Frei
(Relativierung der Pinochet-Diktator unter der Unterüberschrift „Liberaler Diktator oder blutiger Despot“, Engagement in der Filbinger-Debatte, etc.) meinetwegen jeder für sich konsumieren kann wie er möchte, dass ihre Veröffentlichung in libertären Organen aber tatsächlich nicht mehr erreicht, als uns zu einem kleinen K- bzw. L-(oder vielleicht F-?)Grüppchen zu schrumpfen. Wo liegt denn bitte der Sinn darin, sich ständig auf Kräfte zuzubewegen, für die Freiheit nur ein Mittel ist, um ihren eigenen Staats- und Kulturmief durchzusetzen? Wir wollen doch den Libertarismus zum Wachsen bringen und kein Kulturbild. Und nur wenn wir den Menschen klarmachen können, dass wir darin offen sind, können sich auch breite Schichten von ihnen auf uns einlassen. Ist es denn so schwer, diese Abstraktionen herzustellen? Müssen wir denn allen Ernstes dieselben Kaffekränzchen-versus-Haschkommune-Debatten führen, die nur Menschen nötig haben, welche sich gegenseitig etwas aufzwingen wollen? Reicht es denn nicht, allen Menschen ihre grundlegenden Freiheiten zuzubilligen, müssen wir denn jedem schrägen Vogel auch noch ein Forum bieten? (Kopp-Verlag-Beilagen)


Und müssen wir unbedingt Reichtum als den wichtigsten Vorzug der Freiheit propagieren (Seaberg-Rubrik) wenn dieser Wert vor allem Eigenverantwortung und
Unabhängigkeit bietet? Reicht es denn nicht, die Grundlagen menschlicher Kultur zu verinnerlichen und zu verbreiten? Müssen wir auch noch hinausposaunen wie sich bestimmte Leute unter uns diese Kultur vorstellen?Ehrlich gesagt habe ich manchmal das Gefühl, dass Freiheit hier keine Rolle mehr spielt, wenn einige etwas zu genau zu wissen scheinen für was diese Freiheit zu nutzen ist.Der sachliche Teil der Debatte ist hiermit eröffnet mit Bitte um ihre Fortsetzung!"

Saturday, June 02, 2007

Warum ist bei uns der Strom so teuer?

Das fragte ich mich, als mir kürzlich die exorbitant explodierte Nachzahlung von den Stadtwerken Würzburg ins Haus flatterte.

Und warum sitzen bei uns eigentlich Familien aus Geringverdienerhaushalten inzwischen häufig im Dunkeln, wo die BRD sich doch sonst soviel darauf einbildet, ein "sozialer Rechtsstaat" (dreifaches Oxymoron!) zu sein? Der (vermutlich einzige) liberale Fernsehjournalist Günter Ederer ging der Frage mal auf den Grund. Pikanterweise ist dieser Film von den offiziellen Seiten des Bayerischen Rundfunks, wo er im letzten November urprünglich ausgestrahlt worden ist, inzwischen entfernt worden.

Ein Blick ins Archiv: 19.11.2005

Das war`s dann wohl, ihr eigentümlich Freien

Von Michael Miersch

Die neue Unübersichtlichkeit wabert allerorten. Leider auch dort, wo ich mir ein bisschen mehr kritische Vernunft wünschen würde, bei dem einsamen Häuflein deutscher Libertärer und Radikalliberaler. In dieser Szenerie gedeiht seit einigen Jahren die kleine Monatszeitschrift „eigentümlich frei“, ein munterer Marktplatz der Meinungen im Spektrum zwischen FDP und Anarchismus. In jeder Nummer fanden sich originelle Beiträge wider die deutsche Staatsgläubigkeit und den Ungeist der Bevormundung und Entmündigung. Dazu zählte auch berechtigte Kritik an staatlicher Geschichtspädagogik, die mit ritualisierter antifaschistischer Folklore gegen braune Pappkameraden zu Felde zieht.

Dann kamen die Medienspektakel um Möllemann und Hohmann. Und „eigentümlich frei“ erklärte die beiden zu unschuldigen Opfern des etablierten Politik- und Medienkartells. Ich hatte ein gewisses Verständnis für diese Position, besonders im Falle Hohmann, der – nach meinem Eindruck – nicht wie Möllemann opportunistisch kalkulierend vermeintliche „Tabubrüche“ inszeniert hatte, sondern einfach dummes Zeug geredet. Auch die Reaktion der CDU gefiel mir nicht. Sie erschöpfte sich darin, Hohmann den Mund zu verbieten und künstlich empört zu gackern. Fast niemand machte sich die Mühe, seine falschen Behauptungen zu widerlegen.

Von der Verteidigung der Redefreiheit irrlichterte „eigentümlich frei“ jedoch weiter zu einem gewissen Verständnis für die Thesen Möllemanns und Hohmanns über Israel und Juden. Obendrein fing Herausgeber Lichtschlag damit an, immer mehr Gemeinsamkeiten zwischen libertären und national-konservativen Anschauungen zu entdecken, wie sie beispielsweise in der Zeitschrift „Junge Freiheit“ vertreten werden. Worin diese Gemeinsamkeiten liegen sollen, ist mir schleierhaft, aber ich tröstete mich damit, dass in jeder Nummer auch die gegenteilige Position zu Wort kam – liberaler Pluralismus eben. Allerdings wurde mit der Zeit immer deutlicher, nach welcher Seite des Meinungsspektrums die Waage sich neigte. Es ist lächerlich, von einer Zeitschrift zu erwarten, dass sie nur Kommentare druckt, die die eigene Sicht bestätigen. Also las ich „eigentümlich frei“ weiterhin (mal mit Freude, mal mit Ärger), und steuerte Artikel und Interviews bei.

Nun ist aber leider der Punkt erreicht, an dem der Frankfurter sagt: „Ebe langt’s“. Doro Müller schickte mir heute einen Link zu der islamfaschistischen Website Muslim-Markt, die von Anhänger der Ajatollah Khomeini betrieben wird. Dort gibt „eigentümlich frei“-Hausautor Arne Hoffmann ein Interview, in dem er neben allerlei anderem Unsinn folgendes sagt: „Unsere Politiker, Journalisten und so manche Wissenschaftler schalten sich freiwillig gleich, um ein Meinungstabu durchzusetzen, dass vielleicht die Vorstufe zu einem Völkermord ermöglicht. Da sich unsere Bürger aber nicht für blöd verkaufen lassen, merken sie schon, das in Israel schlimme Dinge passieren, man sie hierzulande aber nicht entsprechend benennen darf, weil man sonst als Antisemit etikettiert wird.“

Hoffmann macht den Möllemann und formuliert für die Islamfaschisten das Ressentiment, das seit geraumer Zeit in „eigentümlich frei“ rumspukt. Israel ist nicht bedroht sondern eine Bedrohung und in Deutschland darf man das nicht sagen. Noch weiter kann man sich von der Realität kaum entfernen. Wer Umfragen zum Thema Nahostkonflikt ansieht, weiß, dass Hoffmanns Erzählungen keine verfolgte Außenseitermeinung sind, sondern die Vorurteile der großen Mehrheit wiedergeben. Wer ARD und ZDF konsumiert, Stern oder die Süddeutsche Zeitung liest bekommt anti-israelische Polemik und Hymnen auf Arafat und seine Nachfolger im Überfluss, und in allen Abstufungen von moderat bis keifend. Und in anderen Medien ist auch immer noch genügend davon zu finden. Aber man muss nicht mal in die Medien blicken. Ein paar Stichproben im Zug, auf der Party oder in der Kneipe genügen, um die Behauptung zu widerlegen, in Deutschland würde kritische Stimmen gegen Israel oder gegen prominente Juden unterdrückt. Das Gegenteil ist ganz offensichtlich Fakt.

Fragt sich also was Hoffmann und in abgeschwächter Form auch „eigentümlich frei“ treibt, das Große Tabu an die Wand zu malen, das keines ist. Mich würde das nicht weiter jucken, wenn nicht ausgerechnet Menschen, gegen das einzig freie Land zwischen Nordafrika und Pakistan polemisieren würden, die sich selbst als Anwälte von Freiheit und Liberalität betrachten. Ich finde es bedrückend, denn die Zahl der echten Liberalen in Deutschland ist ziemlich überschaubar. Ich weiß nicht in ihren Köpfen abläuft, aber es erinnert mich an die späten sechziger Jahre. Das gab es auch mal eine politische Strömung, die sich als antiautoritär verstand. Sie kritisierte lautstark die bürgerliche Demokratie als Scheinfreiheit, in der „repressive Toleranz“ herrsche. Der Zorn auf die bestehenden (tatsächlich etwas erstarrten und engstirnigen) Verhältnisse steigerte sich bis ein seltsamer Kippeffekt eintrat. Plötzlich begeisterten sich dieselben Leute, die gestern noch nach der ganz großen Freiheit gegiert hatten, für Macht, Disziplin und straffe Organisation. Sie landeten in stalinistisch-maoistischen Sekten. Die gibt es heute zum Glück nicht mehr. Aber es gibt ja noch den Muslim-Markt.

Zum Interview mit Arne Hoffmann (vor dem Lesen besser ein Kotzkübelchen bereitstellen):http://www.muslim-markt.de/interview/2005/hoffmann.htm