„Freiheit statt Demokratie“
(Interview aus der "Jungen Freiheit" vom 22.06.05)
Der libertäre Vordenker und bekennende „Antidemokrat“ Hans-Hermann Hoppe über seine provokanten Thesen
Von Moritz Schwarz
Herr Professor Hoppe, Sie sind bekennender Antidemokrat. Haben Sie bei Ihrer Vortragsreise durch Europa nicht Schwierigkeiten bei der Einreise in die Bundesrepublik bekommen?
Hoppe: Nein, und ich rechne auch nicht damit, daß dies in der Zukunft passieren wird. Ich habe in Dutzenden von Ländern in der ganzen Welt Vorträge gehalten, nie sind mir dabei Schwierigkeiten gemacht worden.
Wie kommt es, daß Sie in einem so „betont demokratischen“ Land wie Deutschland mit Ihrer Einstellung ein so gerngesehener Gast sind, zum Beispiel unlängst bei der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung?
Hoppe: Weil ich anders bin und etwas anderes zu sagen habe als die „Langweiler vom Dienst“ in der Politik und den „führenden“ Medien. Ich bin provokativ und biete intellektuelle Unterhaltung und Aufklärung gekonnt und auf höchstem Niveau.
Ihre These lautet, die Demokratie ist eine politische Ordnung, die nicht die Herrschaft des Volkes garantiert, sondern seine Ausbeutung.
Hoppe: Das Wesen der Demokratie ist die Umverteilung, die sich entsprechend der Verteilung der politischen Macht vollzieht. Das heißt, diejenigen, die an der Macht sind, verteilen zugunsten der eigenen Klientel und auf Kosten der Klientel der anderen Partei um. Mit Gerechtigkeit hat das nichts zu tun, und Grundrechte wie das auf Eigentum sind im Zweifelsfall schnell perdu. Verschärfend kommt hinzu, daß die Partei, die gerade herrscht, dazu nur vier Jahre Zeit hat – bis wieder gewählt wird. Um so schneller und verantwortungsloser vollzieht sich diese Umverteilung. In der Monarchie dagegen, als deren „glückliche“ Überwindung die Demokratie zu Unrecht gilt, war der Staat potentiell für immer in den Händen ein und derselben Dynastie. Dementsprechend schonend geht ein Monarch mit seinem „Besitz“ um. In der Demokratie gehört der Staat dagegen keinem, dementsprechend hemmungslos saugt ihn die gerade herrschende Partei aus.
Zum Beispiel?
Hoppe: Zum Beispiel die Bundesrepublik Deutschland. Der Kern der gegenwärtigen fundamentalen Krise dieses Landes ist, daß die Politiker den Wählern jahrzehntelang mehr und immer mehr versprochen haben. Sie haben verteilt, was volkswirtschaftlich gesehen gar nicht zum Verteilen da war, nur um wiedergewählt zu werden. Und die Wähler haben sich willig bestechen lassen, wohlwissend, was vor sich geht. Aber alle wollten eben ihren Nutzen aus diesem gigantischen Raubzug ziehen. Das Paradebeispiel ist Konrad Adenauer, der seine Rentenreform gegen den guten Rat der Fachleute durchgeführt hat, nur um Wähler zu gewinnen, ohne Rücksicht darauf, daß er damit den Keim der Vernichtung in das bundesdeutsche Rentesystem gepflanzt hat. Heute sind in Deutschland die Kassen leer und die Schulden nicht mehr zu tilgen. Alle schimpfen auf diejenigen, die damals über die Verhältnisse gelebt haben. Das ist Unsinn! Diese Leute haben sich lediglich gemäß den Regeln des Spiels verhalten. Schimpfen Sie nicht auf die Spieler, wenn Ihnen das Spiel nicht paßt, schimpfen Sie auf die Regeln! Schimpfen Sie auf die Demokratie! Freiheit statt Demokratie!
Müßten Sie nicht konsequent von allen Demokraten ausgeladen und bekämpft werden?
Hoppe: Was die guten Demokraten betrifft, so haben Sie gewiß recht. Aber gute Demokraten – also Vertreter des Prinzips, daß A und B, weil sie gegenüber C eine Mehrheit bilden, letzteren deshalb berauben oder bevormunden dürfen – sind für mich nur „moderate“ Kommunisten, und von denen nicht eingeladen zu werden, betrachte ich als eine Ehre. Nur gibt es gar nicht so viele Personen, die sich zu diesem Prinzip bekennen, wenn es denn erst einmal klar ausgesprochen wird. Es gibt weder in der Familie Demokratie noch in der Kirche, insbesondere der katholischen, noch in der Wissenschaft oder der Wirtschaft. Nirgendwo ist jede Stimme gleich. Überall gibt es Grade natürlicher Autorität.
Sind Sie ein Fall für den Verfassungsschutz?
Hoppe: Der Verfassungsschutz weiß doch gar nicht, was er mit mir und meiner Position anfangen soll. Ich befinde mich völlig außerhalb der gängigen politischen Klassifikationsschemata. Zwar bin ich ein Feind des demokratischen Staates, aber zu behaupten, ich sei ein Feind der Freiheit, des Privateigentums, der Familie und all dessen, was dem Normalbürger wert und teuer ist, ist absurd, geradezu zum Totlachen. Auch der Verfassungsschutz benötigt die Rückendeckung der öffentlichen Meinung. Ich bezweifele, daß es gelingt, mich zu einem Ungeheuer zu stempeln.
Immerhin, unlängst gab es doch Probleme: Allerdings nicht wegen des Antidemokraten Hoppe, sondern wegen Ihres Gegenparts, des konservativen Verlegers Götz Kubitschek, der pikanterweise die Demokratie in Gestalt des Staates gegen Sie verteidigte. Die Uni Greifswald hat der Veranstaltung – mit dem Hinweis, Kubitschek sei ein „rechter Intellektueller“ – die Räume entzogen (JF berichtete).
Hoppe: Die ganze Affäre erscheint mir symptomatisch für die politische Befindlichkeit in Deutschland.
Inwiefern?
Hoppe: Demokratie hat eben nichts mit Freiheit zu tun. Demokratie ist eine von Demagogen angereizte und unsicher gesteuerte Herrschaft des Mobs. Insbesondere die deutsche Demokratie trägt Züge eines weichen, durch weitgehende und als solche oft kaum mehr wahrgenommene Selbstzensur gekennzeichneten Totalitarismus.
Wieso sind Sie 1985 ausgerechnet in die USA ausgewandert, die sich selbst als Mutterland der Demokratie betrachten?
Hoppe: Nach meiner Habilitation 1981 war ich für fünf Jahre Empfänger eines Heisenberg-Stipendiums. Es hieß inoffiziell, daß man nach Ablauf des Stipendiums gewiß mit einem Lehrstuhl rechnen könne. Mir wurde aber schnell klar, daß dies in meinem Fall, mit meinen Auffassungen, sicher nicht eintreffen würde. Darum bin ich 1985 in die USA gezogen, in der, wie sich herausstellen sollte richtigen Annahme, daß der akademische Arbeitsmarkt – wie der Arbeitsmarkt generell – dort noch flexibel genug sei, um auch Außenseitern wie mir eine Chance zu eröffnen. Es ist mir nicht leichtgemacht worden, mich in Amerika erfolgreich durchzusetzen. Aber in Deutschland wäre ich untergegangen, dort habe ich dagegen von Anfang an Freunde und Förderer gefunden.
Sie sprachen vom „Totalitarismus“ der Demokratie. Meinen Sie die „Political Correctness” (PC)? Auch die stammt aus den USA!
Hoppe: Es stimmt, die PC-Bewegung in Amerika ist zweifellos älter als in Deutschland und Europa. Sie hat mit der sogenannten „Bürgerrechtsgesetzgebung“ Mitte der sechziger Jahre begonnen und findet heute in einer Vielzahl beinahe alle Lebensbereiche erfassender „affirmative action“-Bestimmungen, Quotenregelungen und Diskriminierungsverboten Ausdruck. Mittlerweile gibt es eigentlich nur noch eine einzige nicht-geschützte Personengruppe: weiße heterosexuelle Männer. Sie sind die für alles Unheil der Welt verantwortliche „Tätergruppe“. Alle anderen Personengruppen sind ihre „Opfer“. Ob die Situation heute in Amerika schlimmer oder bedrohlicher ist als in Europa ist schwierig zu beurteilen. In den USA treibt die Political Correctness wohl die verrückteren Blüten. Aber obwohl Sündern wider den korrekten Geist das Leben schwergemacht und nicht selten die Karriere ruiniert wird, wird man doch, im Unterschied zu Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern, zumindest nicht mit strafrechtlichen Sanktionen bedroht, wenn man sich über besonders heikle Themen äußert.
Zum Beispiel?
Hoppe: Denken Sie nur an den Volksverhetzungsparagraphen, der Äußerungen bestimmter Art über die jüngere deutsche Geschichte, selbst wenn sie nur als untersuchungswürdige Vermutungen gekennzeichnet werden, unter Strafandrohung stellt. Damit erreicht man meines Erachtens nur das genaue Gegenteil dessen, was beabsichtigt ist. Wenn bestimmte Äußerungen verboten sind, stellt sich beinah automatisch der Verdacht ein, daß an ihnen möglicherweise doch etwas dran ist. Denn warum sollte man sonst zu so einer drastischen Maßnahme wie einem Sprachverbot greifen?
Zurück zur Demokratie: Wenn die Demokratie nicht eine Form der Freiheit, sondern eine Form der Ausbeutung ist, was bedeutet das dann für den Gründungsmythos der Demokratie in Europa, die Französische Revolution?
Hoppe: Gewiß muß das Bild von der Französischen Revolution noch grundlegend berichtigt werden, wenngleich es in den letzten Jahren schon erhebliche Fortschritte in dieser Richtung gegeben hat. Die Französische Revolution gehört in dieselbe Kategorie von üblen Revolutionen wie die bolschewistische Revolution und die nationalsozialistische Revolution. Königsmord, Egalitarismus, Demokratie, Sozialismus, Religionshaß, Terror, Massenplünderung, -vergewaltigung und -mord, die allgemeine militärische Zwangsverpflichtung und den totalen, ideologisch motivierten Krieg – all das verdanken wir der Französischen Revolution.
Das ist jetzt über 200 Jahre her. Wie konnten sich die Völker so lange so täuschen?
Hoppe: Die meisten Personen, immer und überall, sind töricht und dumm. Und der sogenannte Wohlfahrtsstaat und das „öffentliche“ Bildungswesen trägt dazu bei, die Bevölkerung noch weiter zu verdummen. Sie denken nicht selbst, sondern beten das nach, was ihnen von den Eliten erzählt wird. Und die Eliten haben nur allzu oft ein Interesse daran, die Massen dumm zu halten, da sie selbst von dieser Dummheit profitieren.
Sie betrachten nicht nur die Demokratie, sondern gleich den Staat an sich als eine Fehlentwicklung der Geschichte. Wieso hat sich all das denn entwickelt, wenn es so überflüssig ist?
Hoppe: Versetzen Sie sich in die Lage vor 1989. Da hätte man fragen können: Sie halten den Sozialismus für eine Fehlentwicklung, wieso hat er sich dann entwickelt? Die Antwort: Die Geschichte ist kein geradliniger Prozeß, in dem es immer nur vorwärts und aufwärts geht. Es gibt auch Fehlentwicklungen. Der Sozialismus stellt eine solche, kurzfristige Fehlentwicklung dar, der Staat eine andere, langfristigere. Und ja, natürlich erfüllen beide auch eine „wichtige“ Funktion: Der Sozialismus erlaubt der sozialistischen Partei, die produktiv arbeitende Bevölkerung zum eigenen Vorteil auszubeuten, und der Staat leistet das gleiche für die Etatisten.
Sie werfen dem Konservatismus vor, im Grunde nichts anderes als „Sozialismus“ zu sein. Sind aber nicht vielmehr Sie – mit Ihrem utopischen Menschenbild vom unbedingt eigenverantwortlichen Menschen – der „Sozialist“?
Hoppe: Sehen Sie sich einmal das über 150 Jahre alte Kommunistische Manifest an, dann werden Sie mir zustimmen, daß die konservativen Parteien der Gegenwart einen Großteil der sozialistischen Ideologie geschluckt haben. Der Niedergang der SPD, den wir gegenwärtig in Deutschland erleben, ist kein Zeichen einer Abkehr vom Sozialismus, sondern seines Triumphes: Es gibt keinen besonderen Grund mehr, SPD zu wählen, wenn doch alle Parteien sozialdemokratisch sind! Von daher erhoffe ich mir auch so gut wie nichts von der bevorstehenden „Wende“ von Rot-Grün zu Schwarz-Gelb durch die voraussichtliche Bundestagswahl im Herbst. Was die Frage des Utopischen angeht, so irren Sie sich: Die Sozialisten sind Utopisten, denn sie gehen davon aus, daß es mit der Ankunft des Sozialismus auch zu einer Wandlung der menschlichen Natur kommt. Das ist natürlich Unsinn, frommes Wunschdenken. Libertäre wie ich sind dagegen Realisten. Wir nehmen die Menschen, wie sie sind – gut und böse, friedfertig und aggressiv, altruistisch und egoistisch, produktiv und unproduktiv, fleißig und faul, verantwortungsvoll und verantwortungslos etc. – und glauben nicht, daß die menschliche Natur grundsätzlich wandelbar ist. Als Realisten sind wir nur davon überzeugt, daß Anreize immer und überall wirken. Es muß eine institutionelle Anreizstruktur geschaffen werden, die „gutes“ Verhalten belohnt und „schlechtes“ bestraft. Das wird „schlechtes“ Verhalten zwar nicht beseitigen, aber es wird seine Häufigkeit und Heftigkeit vermindern.
Und diese Anreize schafft eben zum Beispiel der demokratisch kontrollierte Rechtsstaat konservativ-altliberaler Prägung!
Hoppe: Die Institution eines Staates, die im Unterschied zu allen anderen Institutionen Zwangsabgaben (Steuern) erheben darf und die in allen Konfliktfällen, einschließlich solcher, in die sie selbst verwickelt ist, letztendscheidender Richter ist, setzt falsche Anreize: Zum einen erlaubt sie es Personen, ein Einkommen zu erzielen, ohne dafür Güter oder Dienstleistungen erbringen zu müssen, die freiwillige Abnehmer finden. Mit anderen Worten: Sie belohnt Personen dafür, minderwertige Güter oder gar „Ungüter“ herzustellen. Zum anderen schafft der Staat einen Anreiz dafür, Konflikte nicht zu schlichten, sondern sie selbst zu provozieren, um sie dann zu eigenen Gunsten zu entscheiden. Mit anderen Worten: Der Staat belohnt das Begehen von Unrechtstaten. „Der Sozialstaat wird untergehen, wie einst die UdSSR“
Ihrer Analyse vom zwingend erfolgenden Niedergang des Wohlfahrtsstaates ist derzeit leider schwerer denn je zu widersprechen. Werden wir Deutschen tatsächlich unser liebstes politisches Kind, den deutschen Sozialstaat, verlieren?
Hoppe: Der sogenannte Sozialstaat – eigentlich handelt es sich bei dem, was wir sozial nennen um „Stehlen und Hehlen“, aber nicht um echte, freiwillige und nur darum moralisch zu nennende Sozialpolitik – wird ebenso sicher zusammenbrechen, wie der Kommunismus zusammengebrochen ist. Das ganze Sozial-„Versicherungssystem“, der Generationen-„Vertrag“, ist wie ein Kettenbrief zum Absturz verurteilt. Jeder private Geschäftsmann, der ein solches „Versicherungssystem“ anbieten wollte, würde sofort als Gauner verhaftet. Daß man in Deutschland immer noch, selbst angesichts steigender Lebenserwartungen und sinkender Geburtenraten, so tut, als habe man es mit einer großen Erfindung zu tun, zeugt deshalb nur davon, wie verantwortungslos, ja geradezu gemeingefährlich die gesamte Politikerklasse hierzulande ist.
Prof. Dr. Hans-Hermann Hoppe gilt als einer der profiliertesten Vordenker der weltweiten libertären Bewegung. Geboren wurde er 1949 in Peine. Er studierte Soziologie und Ökonomie und wanderte 1985 in die USA aus, um bei Murray Rothbard zu studieren, dessen Lehrstuhl er schließlich übernahm. Hoppe ist „Distinguished Fellow“ am Ludwig von Mises Institute in Auburn, Herausgeber des Journal of Libertarian Studies und Autor verschiedener Bücher. Seine provokante Studie „Demokratie – Der Gott, der keiner ist“ (Verlag Manuscrpitum, 2003) erreichte in den USA sieben Auflagen und wurde bislang ins Deutsche, ins Spanische und ins Koreanische übertragen. Übersetzungen ins Polnische und Italienische sind in Vorbereitung.
Siehe auch:
http://www.hanshoppe.com
Wednesday, June 29, 2005
Tuesday, June 21, 2005
Wir brauchen einen liberalen Radikalismus!
Schon Hayek wußte, daß wir, die Freunde der Freiheit, innerlich brennen müssen, um die Eisberge um uns herum zum Schmelzen zu bringen!
"Wir müssen die Einrichtung einer freien Gesellschaft wieder zu einem intellektuellen Abenteuer machen, zu einer mutigen Tat. Was uns fehlt, das ist ein liberales Utopia, das ist ein Programm, das weder als bloße Verteidigung der Dinge, wie sie sind, noch als abgeschwächte Form des Sozialismus erscheint, das ist ein wahrhaft liberaler Radikalismus, der sich nicht vor Kritik an den Mächtigen (einschließlich der Gewerkschaften) scheut, der nicht zu streng praktisch ausgerichtet ist und der sich nicht selbst auf das beschränkt, was heute als politisch möglich erscheint.
Wir brauchen intellektuelle Führer, die darauf vorbereitet sind, den Verlockungen von Macht und Einfluß zu widerstehen und die gewillt sind, für ein Ideal zu arbeiten, wie gering auch die Aussichten auf eine schnelle Realisierung sind. Sie müssen Menschen sein, die sich an Prinzipien halten wollen und für ihre vollständige Realisierung kämpfen, wie weit entfernt diese auch sein mögen. ... Freier Handel und Freiheit der Chancen sind Ideale, die die Begeisterung einer großen Zahl wecken können, aber eine bloße "vernünftige Freiheit des Handels", eine "Erleichterung der Kontrollen" ist weder intellektuell achtbar noch geeignet, irgendwelchen Enthusiasmus auszulösen.
Das wichtigste, was ein wahrer Liberaler aus dem Erfolg der Sozialisten lernen muß, ist, daß es ihr Mut zur Utopie war, der ihnen die Unterstützung der Intellektuellen und damit einen Einfluß auf die öffentliche Meinung gebracht hat, der heute Dinge möglich macht, die noch kürzlich weit entfernt schienen. Diejenigen, die sich ausschließlich dem gewidmet haben, was beim aktuellen Stand der Meinungen praktikabel schien, haben schnell bemerkt, daß selbst das im Ergebnis von Veränderungen in der öffentlichen Meinung, zu deren Änderung sie nichts getan haben, schnell politisch unmöglich wurde.
Wenn wir die philosophischen Grundlagen einer freien Gesellschaft nicht wieder zu einem lebendigen intellektuellen Thema machen können und deren Verwirklichung zu einer Aufgabe, die den Einfallsreichtum und die Vorstellungskraft unserer lebendigsten Geister herausfordert, sind die Aussichten für die Freiheit tatsächlich finster. Aber wenn wir den Glauben an die Macht von Ideen wiederherstellen können, der den Liberalismus vor allem auszeichnete, ist die Schlacht noch nicht verloren."
Friedrich A. von Hayek, "The Intellectuals and Socialism", 1964
Monday, June 20, 2005
Nachgefragt
Warum stimmte eigentlich die FDP-Bundestagsfraktion geschlossen für die sogenannte "EU-Verfassung"???
Nach der für Liberale nicht unmaßgeblichen Meinung der selbständigen Unternehmer ist diese immerhin ein "Dokument des wohlfahrtsstaatlichen Zentralismus":
http://www.asu.de/www/doc/874652a830c04985d23bef8ea1c584c1.pdf
Ist es darüber hinaus sehr taktlos von mir zu vermuten, daß das Meinungsspektrum in der Bevölkerung im Parlament keine auch nur ungefähre Entsprechung findet (wenn etwa bei einer BILD-Umfrage 96,7 % der Anrufer gegen diesen Vertragstext stimmten, im Parlament hingegen der gleiche Prozentsatz an Parlamentariern dafür)?
Nach der für Liberale nicht unmaßgeblichen Meinung der selbständigen Unternehmer ist diese immerhin ein "Dokument des wohlfahrtsstaatlichen Zentralismus":
http://www.asu.de/www/doc/874652a830c04985d23bef8ea1c584c1.pdf
Ist es darüber hinaus sehr taktlos von mir zu vermuten, daß das Meinungsspektrum in der Bevölkerung im Parlament keine auch nur ungefähre Entsprechung findet (wenn etwa bei einer BILD-Umfrage 96,7 % der Anrufer gegen diesen Vertragstext stimmten, im Parlament hingegen der gleiche Prozentsatz an Parlamentariern dafür)?
Saturday, June 18, 2005
EUtopia und die Hybris der Mächtigen
Christoph Mörgeli, mein Lieblingskolumnist bei meiner Lieblingswochenzeitung "Weltwoche" trifft mal wieder genau ins Schwarze:
Konkret
In Ewigkeit, amen
Von Christoph Mörgeli
Manchmal ist es bloss ein Sätzchen, das die gespenstische Anmassung der EU-Eliten aufleuchten lässt. Nachdem ein italienischer Minister laut über den Sinn des Euro nachgedacht hatte, hiess es aus der Entourage des spanischen Währungskommissars spitz: «Der Euro ist für die Ewigkeit!» Ein nicht minder absolutistisch veranlagter Vorfahre, der spanische Habsburger Karl V. prahlte im 16. Jahrhundert, in seinem Reich gehe die Sonne nicht unter. Zurzeit geht in Spanien die Sonne pünktlich und im ganzen Land um zirka 21 Uhr unter. Ewigkeiten können ziemlich kurz sein. Das tausendjährige Reich Hitlers hielt exakt zwölf Jahre, drei Monate und neun Tage. In Ewigkeit ruhen auch das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, Napoleon, die Sowjetunion und noch ein paar andere für die Ewigkeit gedachte Projekte.
Vor zwei Jahren publizierte eine Reihe Grossintellektueller Essays über das Wesen und die Zukunft des deutsch-französischen «Kerneuropa». So auch der in Berlin lebende Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg. Vor ihm stilisierte freilich schon der Nazi-Historiker Theodor Meyer das Deutsche Reich zum «Kerneuropa»: Dieses habe «immer europäisch, und zwar im Sinne einer europäischen Ordnung», gedacht. Man kann sich seine Väter nicht aussuchen - ausser den geistigen.
Jetzt hat die eine Hälfte von Kerneuropa mit einem wuchtigen Non! das europäische Verfassungswerk beerdigt. Die andere Hälfte wurde vorsichtshalber nicht gefragt. So wie die Deutschen nie befragt wurden, weder zu Maastricht noch zum Euro oder zur Osterweiterung. «Europa ist eine Tatsache, die dadurch wird, dass man sie schafft», schreibt Muschg in seinem Artikel, und genau so handeln die Eurokraten - über die Köpfe und Sorgen der Bürger hinweg.
Die von Muschg verächtlich als «nationaler Idiotismus» titulierte Selbstbestimmung hat gleich zweifach zugeschlagen. Zuerst die «idiotischen» Franzosen und nach ihnen die «idiotischen» Niederländer. In Grossbritannien, Tschechien, Polen und Dänemark sind die Volksbefragungen inzwischen ausgesetzt worden. Es könnte ja gut sein, dass die Idioten wieder nicht so stimmen, wie es sich die Intellektuellen in ihren Feuilletons und die Staatsoberhäupter an ihren EU-Gipfeln ausgedacht haben. Wenn etwas für die Ewigkeit bestimmt ist: dann ist es die Selbstüberhebung der Mächtigen und ihrer Höflinge.
Der Autor ist Historiker und SVP-Nationalrat
aus DIE WELTWOCHE, Ausgabe 24/05
www.weltwoche.ch
Konkret
In Ewigkeit, amen
Von Christoph Mörgeli
Manchmal ist es bloss ein Sätzchen, das die gespenstische Anmassung der EU-Eliten aufleuchten lässt. Nachdem ein italienischer Minister laut über den Sinn des Euro nachgedacht hatte, hiess es aus der Entourage des spanischen Währungskommissars spitz: «Der Euro ist für die Ewigkeit!» Ein nicht minder absolutistisch veranlagter Vorfahre, der spanische Habsburger Karl V. prahlte im 16. Jahrhundert, in seinem Reich gehe die Sonne nicht unter. Zurzeit geht in Spanien die Sonne pünktlich und im ganzen Land um zirka 21 Uhr unter. Ewigkeiten können ziemlich kurz sein. Das tausendjährige Reich Hitlers hielt exakt zwölf Jahre, drei Monate und neun Tage. In Ewigkeit ruhen auch das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, Napoleon, die Sowjetunion und noch ein paar andere für die Ewigkeit gedachte Projekte.
Vor zwei Jahren publizierte eine Reihe Grossintellektueller Essays über das Wesen und die Zukunft des deutsch-französischen «Kerneuropa». So auch der in Berlin lebende Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg. Vor ihm stilisierte freilich schon der Nazi-Historiker Theodor Meyer das Deutsche Reich zum «Kerneuropa»: Dieses habe «immer europäisch, und zwar im Sinne einer europäischen Ordnung», gedacht. Man kann sich seine Väter nicht aussuchen - ausser den geistigen.
Jetzt hat die eine Hälfte von Kerneuropa mit einem wuchtigen Non! das europäische Verfassungswerk beerdigt. Die andere Hälfte wurde vorsichtshalber nicht gefragt. So wie die Deutschen nie befragt wurden, weder zu Maastricht noch zum Euro oder zur Osterweiterung. «Europa ist eine Tatsache, die dadurch wird, dass man sie schafft», schreibt Muschg in seinem Artikel, und genau so handeln die Eurokraten - über die Köpfe und Sorgen der Bürger hinweg.
Die von Muschg verächtlich als «nationaler Idiotismus» titulierte Selbstbestimmung hat gleich zweifach zugeschlagen. Zuerst die «idiotischen» Franzosen und nach ihnen die «idiotischen» Niederländer. In Grossbritannien, Tschechien, Polen und Dänemark sind die Volksbefragungen inzwischen ausgesetzt worden. Es könnte ja gut sein, dass die Idioten wieder nicht so stimmen, wie es sich die Intellektuellen in ihren Feuilletons und die Staatsoberhäupter an ihren EU-Gipfeln ausgedacht haben. Wenn etwas für die Ewigkeit bestimmt ist: dann ist es die Selbstüberhebung der Mächtigen und ihrer Höflinge.
Der Autor ist Historiker und SVP-Nationalrat
aus DIE WELTWOCHE, Ausgabe 24/05
www.weltwoche.ch
Friday, June 17, 2005
Müssen wir uns das gefallen lassen?
SPIEGEL-online berichtet unter der Headline
DIPLOMATISCHER EKLAT
Erdogan kritisiert Schröder als rückgratlosen Politiker : http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,360919,00.html
"Vor der deutschen Botschaft in Ankara versammelten sich heute zwischen 50 und 100 Mitglieder einer nationalistisch geprägten Gewerkschaft, um gegen die deutsche Entscheidung zu protestieren. Der türkische Nachrichtensender NTV meldete, dabei habe es Handgreiflichkeiten zwischen den Demonstranten und Sicherheitskräften gegeben. In Parolen kritisierten die Demonstranten Deutschland als "faschistisch". "Hitlers Bastarde", lautete eine der Parolen."
Wobei Erdogans Charakterisierung Schröders als "rückgratlos" nichts als die Wahrheit ist.
Wetten, daß unsere Politiker dennoch wieder einen Kotau machen und sich den Wünschen Ankaras (und damit Washingtons) nach einer baldigen Aufnahme in die EU letztlich beugen werden? Wäre der Charakter ein lebenswichtiges Organ, die Mehrheit unserer Politiker müßte künstlich am Leben gehalten werden.
DIPLOMATISCHER EKLAT
Erdogan kritisiert Schröder als rückgratlosen Politiker : http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,360919,00.html
"Vor der deutschen Botschaft in Ankara versammelten sich heute zwischen 50 und 100 Mitglieder einer nationalistisch geprägten Gewerkschaft, um gegen die deutsche Entscheidung zu protestieren. Der türkische Nachrichtensender NTV meldete, dabei habe es Handgreiflichkeiten zwischen den Demonstranten und Sicherheitskräften gegeben. In Parolen kritisierten die Demonstranten Deutschland als "faschistisch". "Hitlers Bastarde", lautete eine der Parolen."
Wobei Erdogans Charakterisierung Schröders als "rückgratlos" nichts als die Wahrheit ist.
Wetten, daß unsere Politiker dennoch wieder einen Kotau machen und sich den Wünschen Ankaras (und damit Washingtons) nach einer baldigen Aufnahme in die EU letztlich beugen werden? Wäre der Charakter ein lebenswichtiges Organ, die Mehrheit unserer Politiker müßte künstlich am Leben gehalten werden.
Thursday, June 16, 2005
Pressespiegel zum liberal-libertären Freiheitsgipfeltreffen in Gummersbach
Tyrannen machen wir einen Kopf kürzer
Von Ronald Gläser
Hans Hermann Hoppe steht auf der Terrasse der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach und zündet sich eine Zigarette an. Ein Seminar-Teilnehmer tritt an ihn heran, bittet ihn, sein Buch „Demokratie, der Gott der keiner ist“ zu signieren. So geht es Pause für Pause. Das Seminar bei der Friedrich-Naumann-Stiftung ist der Höhepunkt von Hoppes Europa-Reise. Seit Mai tourt er durch Deutschland und Anrainerstaaten – und wird empfangen wie ein Popstar.
Graz, Berlin, Hannover, Grevenbroich sind nur einige der Stationen Hoppes. Ob Burschenschafter oder Studenten – Hoppe trifft überall faszinierte Zuhörer, sogar beim Vlaams Belang in Brüssel. Das dreitägige Seminar bei der FDP-nahen Stiftung heißt „Liberal-libertäre Strömungen, Kontroversen und Strategien in den USA und Europa“. Es könnte auch „Hoppe und sein Demokratie-Buch“ heißen. Es ist seine Show. Wenn sich Gutmenschen wie Claudia Roth über Sätze wie „Steuern sind Diebstahl“ aufregen, dann haben sie libertäre Vordenker wie Hans Herrmann Hoppe im Hinterkopf. Ruhig und gelassen trägt der seine Thesen über die gegenwärtige Verfassung der westlichen Wohlfahrtstaaten vor. Eigentum ist der zentrale Begriff in der Gedankenwelt Hoppes. Eigentum gilt es zu schützen. Mit Waffen, wenn es sein muß. Deswegen ist er gegen Waffenverbote (wie gegen jedes andere staatliche Verbot auch). „’Mehr Waffen’ bedeuten gleichzeitig ‚weniger Kriminalität’“, sagt Hoppe.
Hoppe ist ein Mann der klaren Worte: „Wenn man im Wilden Westen eine Bank überfallen hat, kam man nicht einmal lebendig aus dem Gebäude heraus. Die Bankangestellten haben ihn erschossen – und gut.“ Das herrschaftsfreie Gesellschaftsmodell des Hans Hermann Hoppe fußt dem Gedanken, daß der Markt alles regeln kann. Mit privaten Versicherungen, argumentiert er, ließe sich jedes Risiko absichern. Und zwar effizienter als dies in staatlichen Herrschaftsformen geschehe. Zum Beispiel ein geklautes Auto: Eine private Versicherung würde einen Autobesitzer bei seiner Suche nach dem gestohlenen Fahrzeug unterstützen, weil sie sonst die Prämie zu zahlen hat. Sie würde es zudem fördern, daß der Versicherungsnehmer eine Kanone zum Schutz seiner selbst und seines Fahrzeugs dabei hat. Mittels eines Prämienmodells würde sie sogar honorieren, wenn der Autobesitzer obendrein weiß, wie er gut zielen und treffen kann. Und der Staat bzw. der staatliche Polizist? Hoppe: „Der fährt lieber ziellos in der Gegend herum oder trinkt Kaffee. Für ihn ist es bei gleichem Gehalt viel lukrativer eine ruhige Kugel zu schieben, statt den Autodieb zu stellen.“ Und Waffen werden vom Staat eingesammelt, den Bürgern der Selbstschutz untersagt. „Die Amerikaner wissen schon, warum sie den Waffenbesitz wollen. Die größte Bedrohung in einer Gesellschaft geht von ihrer Regierung aus. Wenn die Tyrannen kommen, dann machen wir sie einen Kopf kürzer“, lautet Hoppes Fazit. Die Zuhörer spenden Applaus für diese simple und doch bestechende Logik.
„Da steht einer vorne und sagt, was in diesem Land los ist, und alle klatschen – wo gibt es das schon?“ freut sich André F. Lichtschlag, der Herausgeber des libertären Magazins Eigentümlich Frei. Auch die meisten anderen Zuhörer sind begeistert. Das Durchschnittsalter ist ausgesprochen niedrig, liegt bei ca. 30 Jahren. Es sind die Kinder der 68er, denen anzumerken ist, daß sie keine Lust haben, für die sozialistischen Experimente ihrer Eltern und Großeltern aufzukommen. Jugendliche wie Sascha S ettegast (19). Er will demnächst Philosophie studieren und hofft nun: „Diesem Mann ist tatsächlich zuzutrauen, eine politische Bewegung zu begründen.“
Oder das FDP-Mitglied Dietmar Dominik Hennig. Für den Pressesprecher der FDP Würzburg Land steht fest: „Die Hoppe-Botschaft ist die Antithese zur real existierenden Bundesrepublik Deutschland. Sie ist das, was Deutschland jetzt braucht.“
Kein Wunder, daß Hoppe auch in Las Vegas umstritten ist. Immerhin behauptet er, die Gründerväter der USA hätten die Demokratie für eine Pöbelherrschaft gehalten. Auf der Rechten hielten nur die Neokonservativen, von denen es etwa fünfzig gäbe, von denen wiederum vierzig Kolumnisten seien, die Demokratie für die höchste menschliche Entwicklungsstufe. Mit solchen Thesen hat sich Hoppe an seiner Universität in Las Vegas viele Feinde gemacht. Beinahe wäre es ihnen gelungen, ihn letztes Jahr zur Strecke zu bringen. Aber nur fast – und das ging so: In einer Vorlesung hatte Hoppe geäußert, Homosexuelle („typischerweise kinderlos“) seien eher Gegenwarts-fixiert als Heterosexuelle. Kein Wunder also, daß der Erfinder des Keynsianismus, John Maynard Keynes, selbst Homosexueller gewesen sei. Für genau diese Äußerung wurde Hoppe von einem homosexuellen Studenten gerügt. Sofort schaltete sich der (ebenfalls homosexuelle) „Gleichstellungs-Kommissar“ der Uni ein. Weil Hoppe in seinem „Demokratie“-Buch die Diskriminierung von Kommunisten, Demokraten und bestimmten Lebensformen voraussagt, war es seinen Gegnern nun leicht ihn in Schwierigkeiten zu bringen. Am Ende zog die Universität jedoch alle Vorwürfe gegen den 55jährigen zurück und räumte ihm wieder das ihm zustehende Recht auf Freiheit von Lehre und Forschung ein. Seitdem kokettiert der umtriebige VWL-Professor über seinen „Sieg über die Gedankenpolizei“.
Das liberale Thinktank erstreckt sich über drei Tage. Nach Hoppe kommen andere liberale Vordenker zu Wort. Detmar Doering vom Liberalen Institut der Naumann-Stiftung oder Robert Nef vom gleichnamigen Institut aus Zürich. Am Sonntag ergreift schließlich der FAZ-Feuilletonist Lorenz Jäger das Wort. Er spricht über die Frage „Nach 1968: Ist Deutschland unwiderruflich links?“ Nach drei Tagen endet das Seminar, und die Teilnehmer zerstreuen sich in alle Himmelsrichtungen, nach Berlin, Dithmarschen oder Würzburg. Der Professor begibt sich nach Greifswald, wo er noch einen Vortrag zu halten hat. Dann macht Urlaub in Österreich. Dort widmet er sich seiner Familie und seinem neusten Buch-Projekt. Hoppe gegenüber der Jungen Freiheit: „Es wird eine Rekonstruktion der gesamten Weltgeschichte.“
Junge Freiheit, 17.05.2005
Von Ronald Gläser
Hans Hermann Hoppe steht auf der Terrasse der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach und zündet sich eine Zigarette an. Ein Seminar-Teilnehmer tritt an ihn heran, bittet ihn, sein Buch „Demokratie, der Gott der keiner ist“ zu signieren. So geht es Pause für Pause. Das Seminar bei der Friedrich-Naumann-Stiftung ist der Höhepunkt von Hoppes Europa-Reise. Seit Mai tourt er durch Deutschland und Anrainerstaaten – und wird empfangen wie ein Popstar.
Graz, Berlin, Hannover, Grevenbroich sind nur einige der Stationen Hoppes. Ob Burschenschafter oder Studenten – Hoppe trifft überall faszinierte Zuhörer, sogar beim Vlaams Belang in Brüssel. Das dreitägige Seminar bei der FDP-nahen Stiftung heißt „Liberal-libertäre Strömungen, Kontroversen und Strategien in den USA und Europa“. Es könnte auch „Hoppe und sein Demokratie-Buch“ heißen. Es ist seine Show. Wenn sich Gutmenschen wie Claudia Roth über Sätze wie „Steuern sind Diebstahl“ aufregen, dann haben sie libertäre Vordenker wie Hans Herrmann Hoppe im Hinterkopf. Ruhig und gelassen trägt der seine Thesen über die gegenwärtige Verfassung der westlichen Wohlfahrtstaaten vor. Eigentum ist der zentrale Begriff in der Gedankenwelt Hoppes. Eigentum gilt es zu schützen. Mit Waffen, wenn es sein muß. Deswegen ist er gegen Waffenverbote (wie gegen jedes andere staatliche Verbot auch). „’Mehr Waffen’ bedeuten gleichzeitig ‚weniger Kriminalität’“, sagt Hoppe.
Hoppe ist ein Mann der klaren Worte: „Wenn man im Wilden Westen eine Bank überfallen hat, kam man nicht einmal lebendig aus dem Gebäude heraus. Die Bankangestellten haben ihn erschossen – und gut.“ Das herrschaftsfreie Gesellschaftsmodell des Hans Hermann Hoppe fußt dem Gedanken, daß der Markt alles regeln kann. Mit privaten Versicherungen, argumentiert er, ließe sich jedes Risiko absichern. Und zwar effizienter als dies in staatlichen Herrschaftsformen geschehe. Zum Beispiel ein geklautes Auto: Eine private Versicherung würde einen Autobesitzer bei seiner Suche nach dem gestohlenen Fahrzeug unterstützen, weil sie sonst die Prämie zu zahlen hat. Sie würde es zudem fördern, daß der Versicherungsnehmer eine Kanone zum Schutz seiner selbst und seines Fahrzeugs dabei hat. Mittels eines Prämienmodells würde sie sogar honorieren, wenn der Autobesitzer obendrein weiß, wie er gut zielen und treffen kann. Und der Staat bzw. der staatliche Polizist? Hoppe: „Der fährt lieber ziellos in der Gegend herum oder trinkt Kaffee. Für ihn ist es bei gleichem Gehalt viel lukrativer eine ruhige Kugel zu schieben, statt den Autodieb zu stellen.“ Und Waffen werden vom Staat eingesammelt, den Bürgern der Selbstschutz untersagt. „Die Amerikaner wissen schon, warum sie den Waffenbesitz wollen. Die größte Bedrohung in einer Gesellschaft geht von ihrer Regierung aus. Wenn die Tyrannen kommen, dann machen wir sie einen Kopf kürzer“, lautet Hoppes Fazit. Die Zuhörer spenden Applaus für diese simple und doch bestechende Logik.
„Da steht einer vorne und sagt, was in diesem Land los ist, und alle klatschen – wo gibt es das schon?“ freut sich André F. Lichtschlag, der Herausgeber des libertären Magazins Eigentümlich Frei. Auch die meisten anderen Zuhörer sind begeistert. Das Durchschnittsalter ist ausgesprochen niedrig, liegt bei ca. 30 Jahren. Es sind die Kinder der 68er, denen anzumerken ist, daß sie keine Lust haben, für die sozialistischen Experimente ihrer Eltern und Großeltern aufzukommen. Jugendliche wie Sascha S ettegast (19). Er will demnächst Philosophie studieren und hofft nun: „Diesem Mann ist tatsächlich zuzutrauen, eine politische Bewegung zu begründen.“
Oder das FDP-Mitglied Dietmar Dominik Hennig. Für den Pressesprecher der FDP Würzburg Land steht fest: „Die Hoppe-Botschaft ist die Antithese zur real existierenden Bundesrepublik Deutschland. Sie ist das, was Deutschland jetzt braucht.“
Kein Wunder, daß Hoppe auch in Las Vegas umstritten ist. Immerhin behauptet er, die Gründerväter der USA hätten die Demokratie für eine Pöbelherrschaft gehalten. Auf der Rechten hielten nur die Neokonservativen, von denen es etwa fünfzig gäbe, von denen wiederum vierzig Kolumnisten seien, die Demokratie für die höchste menschliche Entwicklungsstufe. Mit solchen Thesen hat sich Hoppe an seiner Universität in Las Vegas viele Feinde gemacht. Beinahe wäre es ihnen gelungen, ihn letztes Jahr zur Strecke zu bringen. Aber nur fast – und das ging so: In einer Vorlesung hatte Hoppe geäußert, Homosexuelle („typischerweise kinderlos“) seien eher Gegenwarts-fixiert als Heterosexuelle. Kein Wunder also, daß der Erfinder des Keynsianismus, John Maynard Keynes, selbst Homosexueller gewesen sei. Für genau diese Äußerung wurde Hoppe von einem homosexuellen Studenten gerügt. Sofort schaltete sich der (ebenfalls homosexuelle) „Gleichstellungs-Kommissar“ der Uni ein. Weil Hoppe in seinem „Demokratie“-Buch die Diskriminierung von Kommunisten, Demokraten und bestimmten Lebensformen voraussagt, war es seinen Gegnern nun leicht ihn in Schwierigkeiten zu bringen. Am Ende zog die Universität jedoch alle Vorwürfe gegen den 55jährigen zurück und räumte ihm wieder das ihm zustehende Recht auf Freiheit von Lehre und Forschung ein. Seitdem kokettiert der umtriebige VWL-Professor über seinen „Sieg über die Gedankenpolizei“.
Das liberale Thinktank erstreckt sich über drei Tage. Nach Hoppe kommen andere liberale Vordenker zu Wort. Detmar Doering vom Liberalen Institut der Naumann-Stiftung oder Robert Nef vom gleichnamigen Institut aus Zürich. Am Sonntag ergreift schließlich der FAZ-Feuilletonist Lorenz Jäger das Wort. Er spricht über die Frage „Nach 1968: Ist Deutschland unwiderruflich links?“ Nach drei Tagen endet das Seminar, und die Teilnehmer zerstreuen sich in alle Himmelsrichtungen, nach Berlin, Dithmarschen oder Würzburg. Der Professor begibt sich nach Greifswald, wo er noch einen Vortrag zu halten hat. Dann macht Urlaub in Österreich. Dort widmet er sich seiner Familie und seinem neusten Buch-Projekt. Hoppe gegenüber der Jungen Freiheit: „Es wird eine Rekonstruktion der gesamten Weltgeschichte.“
Junge Freiheit, 17.05.2005
Monday, June 13, 2005
Raider heißt jetzt Twix
"Reichsfeind" heißt jetzt "Europa-Gegner" und Carl Schmitt heißt jetzt Armin von Bogdandy
S' ist halt alles schon mal dagewesen. Dazu das SPIEGEL-Zitat des Tages:
"In Deutschland ist eine neue Staatsrechtslehre schon erfunden, maßgeschneidert für das Europa von Brüssel. Sie breitet sich rasch aus, wie autoritäres Gedankengut es immer tut. Ihr schnittigster deutscher Vertreter ist der Heidelberger Völkerrechtler Armin von Bogdandy. Sein Buch heißt "Gubernative Rechtssetzung" und wird als Durchbruch gefeiert. Mit seinen Lehren, verspricht der Professor, sei in Europa "eine Handlungsfähigkeit wiederzugewinnen", die auf nationalstaatlicher Ebene verloren gegangen sei. Er verbreitet ein "neues Modell, das schlagwortartig die Rechtsetzung als kooperative Tätigkeit unter gubernativer Hegemonie versteht".
Seine Lehre propagiert eine Hightech-Version des Obrigkeitsstaats. Die Gewaltenteilung sei "überholt". "Effektiv" kann Bogdandy zufolge nur die Regierung Recht setzen, also soll das Volk sie machen lassen. Denn das Volk habe "Anspruch darauf", effektiv regiert zu werden: "Das gesellschaftliche Bedürfnis nach Rechtsetzung" gebiete straffes Handeln.
Das Menschenrecht auf Selbstbestimmung durch den Anspruch auf effektives Regiertwerden auszutauschen entspricht dem Geist der Brüsseler Eurokratie: In der neuen Verfassung stellten die Autoren den Freiheitsrechten ein Grundrecht auf Sicherheit an die Seite. "Das ist das, wofür wir Otto Schily immer ausgelacht haben", sagt in Berlin der Grüne Ströbele."
(Zitat aus DER SPIEGEL 24/2005, "Europa - Teil II: Eine mindere Demokratie", S. 119 f.)
S' ist halt alles schon mal dagewesen. Dazu das SPIEGEL-Zitat des Tages:
"In Deutschland ist eine neue Staatsrechtslehre schon erfunden, maßgeschneidert für das Europa von Brüssel. Sie breitet sich rasch aus, wie autoritäres Gedankengut es immer tut. Ihr schnittigster deutscher Vertreter ist der Heidelberger Völkerrechtler Armin von Bogdandy. Sein Buch heißt "Gubernative Rechtssetzung" und wird als Durchbruch gefeiert. Mit seinen Lehren, verspricht der Professor, sei in Europa "eine Handlungsfähigkeit wiederzugewinnen", die auf nationalstaatlicher Ebene verloren gegangen sei. Er verbreitet ein "neues Modell, das schlagwortartig die Rechtsetzung als kooperative Tätigkeit unter gubernativer Hegemonie versteht".
Seine Lehre propagiert eine Hightech-Version des Obrigkeitsstaats. Die Gewaltenteilung sei "überholt". "Effektiv" kann Bogdandy zufolge nur die Regierung Recht setzen, also soll das Volk sie machen lassen. Denn das Volk habe "Anspruch darauf", effektiv regiert zu werden: "Das gesellschaftliche Bedürfnis nach Rechtsetzung" gebiete straffes Handeln.
Das Menschenrecht auf Selbstbestimmung durch den Anspruch auf effektives Regiertwerden auszutauschen entspricht dem Geist der Brüsseler Eurokratie: In der neuen Verfassung stellten die Autoren den Freiheitsrechten ein Grundrecht auf Sicherheit an die Seite. "Das ist das, wofür wir Otto Schily immer ausgelacht haben", sagt in Berlin der Grüne Ströbele."
(Zitat aus DER SPIEGEL 24/2005, "Europa - Teil II: Eine mindere Demokratie", S. 119 f.)
Ich wurde getaggt!
Gestern erhielt ich folgende Mail von Christoph Sprich (http://www.sprich.net) :
> Hallo,> > ob Ihr's nun lustig findet oder nicht, ich habe Euch vier getaggt:> > http://www.sprich.net/ABOUT/CURRICULUM/TAGGED/tagged.html
> Viel Spaß!> > Mit liberalem Gruß> > Christoph
Hier nun meine Antworten:
1. How many books do you own?
Zu viele, muß bald ausziehen, weil Wohnung zu klein. ;-)
2. What was the last book you bought?
Robert Michels: "Zur Soziologie des Parteiwesens"
3. What was the last book you read?
Stefan Blankertz: "Das libertäre Manifest"
4. What are the five books that mean the most to me?
Roland Baader: "Kreide für den Wolf"
Roland Baader: "Geld, Gold und Gottspieler"
Hans-Hermann Hoppe: "Demokratie, der Gott der keiner ist"
Murray N. Rothbard: "Die Ethik der Freiheit"
Ralph Raico: "Die Partei der Freiheit"
I now hereby “tag” Patrick Harsch: http://patrickharsch.blogspot.com/ , Simon Kromer: http://unbewegtesherz.blogspot.com/ , Robert Grözinger: http://freiheitundzivilisation.blogspot.com/ , Lukas Reimann: http://www.lukas-reimann.ch/
Den größten Anteil an meiner Bekehrung zum waschechten Liberalen (zuvor war ich nur ein diffus nicht-linker Anti-68er) danke ich den Büchern von Roland Baader. Schon allein dafür hätte er die Hayek-Medaille verdient, die man vonseiten der gleichnamigen Stiftung im letzten Jahr aber lieber einem verballiberalen Sonntagsredner aus dem baltischen Ritteradel nachgeworfen hat.
> Hallo,> > ob Ihr's nun lustig findet oder nicht, ich habe Euch vier getaggt:> > http://www.sprich.net/ABOUT/CURRICULUM/TAGGED/tagged.html
> Viel Spaß!> > Mit liberalem Gruß> > Christoph
Hier nun meine Antworten:
1. How many books do you own?
Zu viele, muß bald ausziehen, weil Wohnung zu klein. ;-)
2. What was the last book you bought?
Robert Michels: "Zur Soziologie des Parteiwesens"
3. What was the last book you read?
Stefan Blankertz: "Das libertäre Manifest"
4. What are the five books that mean the most to me?
Roland Baader: "Kreide für den Wolf"
Roland Baader: "Geld, Gold und Gottspieler"
Hans-Hermann Hoppe: "Demokratie, der Gott der keiner ist"
Murray N. Rothbard: "Die Ethik der Freiheit"
Ralph Raico: "Die Partei der Freiheit"
I now hereby “tag” Patrick Harsch: http://patrickharsch.blogspot.com/ , Simon Kromer: http://unbewegtesherz.blogspot.com/ , Robert Grözinger: http://freiheitundzivilisation.blogspot.com/ , Lukas Reimann: http://www.lukas-reimann.ch/
Den größten Anteil an meiner Bekehrung zum waschechten Liberalen (zuvor war ich nur ein diffus nicht-linker Anti-68er) danke ich den Büchern von Roland Baader. Schon allein dafür hätte er die Hayek-Medaille verdient, die man vonseiten der gleichnamigen Stiftung im letzten Jahr aber lieber einem verballiberalen Sonntagsredner aus dem baltischen Ritteradel nachgeworfen hat.
Tuesday, June 07, 2005
Swiss Brainwashed
Jetzt hat die EU einen Schuh in der Tür!
Das - nach dem Anschwellen der Widerstandes gegen den Brüsseler Superstaat in Frankreich und in den Niederlanden - geradezu anachronistische Resultat der Volksabstimmung pro Schengen in der Schweiz ist zuvörderst auf eine unsägliche Gleichschaltung der öffentlichen Meinung durch den medial-edukativ-gouvernementalen Komplex zurückzuführen. Dies verdeutlicht wieder einmal, wo die Hauptangriffsziele einer erfolgsorientierten libertären Bewegung in Europa liegen müssen: beim Kampf gegen die Gehirnwäsche im Staatsfernsehen, in Staatsschulen und in Staatsunis.
Unsere Agenda muß lauten:
1.) Privatisiert die Medienlandschaft (v.a. die elektronischen Medien)!
2.) Privatisiert das Bildungswesen!
Schluß mit der "gelenkten Demokratie" à la Putin, Bush, Müntefering, Couchepin!
Ent-Staatlichung aller Lebensbereiche statt Entmündigung in allen Lebensbereichen!!!
Zur Situation der öffentlichen Bewußtseinsbildung in der Schweiz übrigens sehr lesenswert:
Der Glaube versetzt Zwerge
Von Markus Somm
Die Schweizer Gross-, Kreuz- und Querdenker sind klar für die Union. Denn wer europhil ist, meinen sie, gehöre zu den Bessermenschen.
Der exzellente Artikel aus der WELTWOCHE vom 03. Juni 2005 ist leider nicht online verfügbar, kann aber bei mir als Kopie gerne angefordert werden.
Das - nach dem Anschwellen der Widerstandes gegen den Brüsseler Superstaat in Frankreich und in den Niederlanden - geradezu anachronistische Resultat der Volksabstimmung pro Schengen in der Schweiz ist zuvörderst auf eine unsägliche Gleichschaltung der öffentlichen Meinung durch den medial-edukativ-gouvernementalen Komplex zurückzuführen. Dies verdeutlicht wieder einmal, wo die Hauptangriffsziele einer erfolgsorientierten libertären Bewegung in Europa liegen müssen: beim Kampf gegen die Gehirnwäsche im Staatsfernsehen, in Staatsschulen und in Staatsunis.
Unsere Agenda muß lauten:
1.) Privatisiert die Medienlandschaft (v.a. die elektronischen Medien)!
2.) Privatisiert das Bildungswesen!
Schluß mit der "gelenkten Demokratie" à la Putin, Bush, Müntefering, Couchepin!
Ent-Staatlichung aller Lebensbereiche statt Entmündigung in allen Lebensbereichen!!!
Zur Situation der öffentlichen Bewußtseinsbildung in der Schweiz übrigens sehr lesenswert:
Der Glaube versetzt Zwerge
Von Markus Somm
Die Schweizer Gross-, Kreuz- und Querdenker sind klar für die Union. Denn wer europhil ist, meinen sie, gehöre zu den Bessermenschen.
Der exzellente Artikel aus der WELTWOCHE vom 03. Juni 2005 ist leider nicht online verfügbar, kann aber bei mir als Kopie gerne angefordert werden.
Thursday, June 02, 2005
Merci beaucoup! Hartelijk dank!
Der Zug in den Wahnsinn wurde - zunächst - gestoppt! Das ist die "Emanzipation der Demokratien", von der Jürgen W. Möllemann ehedem sprach - und die von den wohlbestallten FDP-Apparatschiks (die jetzt Jeremiaden wegen der gescheiterten EUtopia-Verfassung anstimmen) als Bedrohung empfunden wird!
Um einmal Lord Norman Tebbit zu zitieren:
"It is the imposition of decrees that they cannot challenge by a foreign government that they can neither elect, dismiss nor change to which British and most French [and most Dutch] opponents object.
French and British alike wish to govern their own countries and neither to govern nor be governed by each other or by unelected foreign masters in Belgium."
Um einmal Lord Norman Tebbit zu zitieren:
"It is the imposition of decrees that they cannot challenge by a foreign government that they can neither elect, dismiss nor change to which British and most French [and most Dutch] opponents object.
French and British alike wish to govern their own countries and neither to govern nor be governed by each other or by unelected foreign masters in Belgium."
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