Friday, October 07, 2005

Was heißt neoliberal? Replik von Roland Baader

Auf meinen letzten Blogeintrag erhielt ich sehr viele zustimmende und ergänzende Reaktionen. Am erfrischendsten fand ich die von Roland Baader, die ich darum hier noch mal coram publico stelle:

Lieber Herr Hennig:
Es gilt, zu unterscheiden: Als "neoliberal" gilt bei der politischen Kaste alles, was nicht links ist und alles, was nicht in den eigenen Kram paßt. Was ursprünglich die Neoliberalen waren und für was sie standen, wissen Sie (Eucken etc.) Aber darum geht es gar nicht mehr. Man muß klar sehen: Die schärfste Waffe im Kampf gegen den Kapitalismus besteht aus der Übung, das Kapitalismus zu nennen, was keiner ist. Und die schärfste Waffe im Kampf gegen den (echten) Liberalismus besteht in der Übung, alles Neoliberalismus zu nennen, was ebenfalls keiner ist. Es gibt in Deutschland keine Zustände, die kapitalistisch oder neoliberal wären - wo auch?! Das Grundübel, ob bei parteipolitisch konservativen oder liberalen oder sozialdemokratisch-sozialistischen Figuren und Meinungen ist der gemeinsame Nenner, nämlich der Etatismus. Etwas platt ausgedrückt: "rechts" ist eine Position für rechte Politik, "links" ist eine Position für linke Politik, "Mitte" ist eine Position für eine Politik der Mitte (wo auch immer diese liegen möge und wohin diese auch immer verschoben wurde), aber WIRKLICH LIBERAL, WIRKLICH FREIHEITLICH ist eine Position GEGEN POLITIK !!!
Ganz herzlich: Ihr Roland Baader

2 comments:

Herfried said...

Dazu passt, was der Grüne Oswald Metzger heute ggü der "Pforzheimer Zeitung" äußerte. Hier das Zitat:

Können Sie in einem Satz erklären, was neoliberal ist?

Metzger: Nein. Das ist eine Worthülse, mit der – was Gewerkschaftsseite oder politische Linken im Land geschafft haben – alles , was einem nicht in den Kram passt, als neoliberal eingestuft wird.

Josi said...

Der Begriff bzw. das Adjektiv "neoliberal" ist keineswegs eine Worthülse, nur weil der Begriff im Laufe der Zeit im alltäglichen Sprachgebrauch einen inhaltlichen Wandel vollzog und nicht mehr mit dem Befriff Ordoloberalismus gleichzusetzen ist. Es ist auch kein Totschlag-Argument, wie hier behauptet wird, es sei denn, man möchte statt einer ernsthaften Auseinandersetzung über gesellchaftliche Probleme lediglich die begriffliche Unschärfe der Sprache bzw. des Begriffes diskutieren.