Tuesday, September 25, 2007

Meinungsfreiheit ist die beste Gewaltprävention

Derjenige, der zum ersten Mal an Stelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der eigentliche Begründer der Zivilisation.

Sigmund Freud


Wo das Ventil, ein Schimpfwort gebrauchen zu können (dessen zivilisatorisches Verdienst schon Sigmund Freud zu würdigen wußte) und die freiheitliche Gewißheit, daß im Grunde ALLES sagbar ist, gestopft und beseitigt wird, ist bereits der Bürgerkrieg erklärt, die "Offene Gesellschaft" mutiert zur geschlossenen Anstalt.

Gerade weil ich mich nicht auf Moral und Anstand der Menschen, die ich durchaus für Mängelwesen halte, verlassen kann, möchte ich nicht eine Machtkonzentration bei einigen wenigen, die den "Staat" bilden und die dann als (wie auch immer ermächtigte) Gewaltmonopolisten durchsetzen können, welche Auffassungen öffentlich vertretbar sein sollen und welche nicht. Jede staatliche Regulierung des "Wort-Marktes" führt zu Wettbewerbsverzerrungen und damit zu Unterdrückung! Auch wenn ein interpersoneller Nutzen-Schaden-Vergleich m.E. unzulässig ist, sollte man doch zumindest mal darüber nachdenken, was unsere Rechtsordnung eigentlich dazu bewog, grundsätzlich davon auszugehen, daß der Schmerz eines empfangenen Schmähwortes immer schwerer wiegen muß, als der Schmerz, einem emotionalen Bedürfnis nach öffentlicher, durchaus nicht-wohlwollender Charakterisierung einer Person aufgrund von "Würde- und Ehre-Schutz"-Tatbeständen nicht nachkommen zu dürfen. Dieses "Runterschluckenmüssen" führt, und das sollte die Sozialpsychologie den Juristen einmal erklären, zu einem erst recht sozialunverträglichen Aggressionsstau. Außerdem treiben die aufgrund von sich verkniffen habenden "Beleidigungen" hervorgerufenen Magengeschwüre und Neurosen auch noch die Gesundheitskosten in die Höhe. Kommunikationsdelikte - eine gesellschaftliche Schadensbilanz, deren Dunkelziffer einen Schatten auf den "freiesten Staat der deutschen Geschichte" wirft.

Außerdem verbilligt die juridische Verteuerung von rustikalem Wortgebrauch relativ den Einsatz physischer Gewalt, wenn etwa die erwartbaren Sanktionen bei "Arschloch" sagen und Ohrfeige verpassen einander konvergieren. D.h. der Gewaltpegel in einer Gesellschaft steigt, die nonverbale Konfliktaustragung nimmt zu, je niedriger die Kommunikationstoleranz angesiedelt ist. Auf den Punkt gebracht ist das Verfolgen von bloßen Meinungen Anstiftung zur physischen Gewaltanwendung!

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