Wednesday, August 27, 2008

Ihr habt doch alle den Arsch offen!

Diese Wortwahl ist gegenüber der charakterlich insolventen Bloggermehrheit längst angemessen!

Als China in Tibet Knüppel aus dem Sack spielte, und die "Westler" sich wohlfeil entrüsteten, spielten linksetatistische, sonst so ums Humanitäre besorgte Blogger wie Spiegelfechter & Co sich als Gralshüter der territorialen Integrität Chinas auf und konnten sich über die vor Zeiten herrschende tibetische Theokratie nicht genug in Rage schreiben.

Als der Westen "völkerrechts-" (i.e. staatenrechts-)widrig, aber naturrechtskonform den Kosovo anerkannte, überschlug sich die antiamerikanische Blogger-Community in Verurteilungen dieser zweifellos geostrategisch motivierten Vorgehensweise Washingtons und setzte ganz schlimme zerknitterte Sorgenmienen auf.

Und jetzt, wo Rußland einmal das einzig Richtige tut und die Osseten und Abchasen, die nur ein ahistorischer Husarenritt Stalins einst zu "Georgiern" machte, endlich anerkennt und damit (unintendiert) sich vor einem für Liberale heiligem und unantastbaren Recht verneigt, drehen die gerade noch Dalai Lama Schals tragenden antichinesischen und Kosovo-Fahnen schwenkenden antiserbischen rechten Kriegsetatisten auf die Anti-Sezessionsseite, weil ihre feindlichen Brüder, die antiamerikanischen Weltsozialstaats-Etatisten als fünfte Kolonne Moskaus ausnahmsweise mal etwas befürworten müssen, was ihnen sonst zuwider ist!

Anstatt daß einer aufsteht und sagt: "Bravo Rußland, jetzt hast Du es kapiert, und jetzt noch bitte Tschetschenien anerkennen!" rülpst die gesamte politische Klasse samt dem prowestlich bloggenden Background-Chor von ganz rechts bis Mitte-Links die McCain-Merkel-Melodei von der "nichtakzeptablen" Anerkennung der Unabhängigkeit zweier nach Unabhängigkeit strebender Völker.

Ihr habt doch alle einen Schuß!

Entweder Sezession ist "bäh", dann müßt Ihr auch alle auf Seiten Pekings gegen Tibet (und gegen Taiwan sowieso) Partei ergreifen. Und auf Seiten Belgrads. Oder aber das Sezessionsrecht ist, wie ich meine, durch das Naturrecht begründet und steht in extenso jedem einzelnen Individuum zu. Dann ist sie aber nicht taktisch mal zuzugestehen und mal zu verweigern, dann gilt sie immer als unveräußerliches Recht.

Wie wär's mal mit 'ner klaren Haltung?

Um Sheldon Richman zu zitieren:

"Enough big-power politics, client states, and cynical Orwellian lies! Innocent people have suffered too much to let this go on another moment. Bush presumes Americans will take him at his word, not bother to do any fact-checking, and support his provocative agenda in the South Caucasus. If they do, more injustice will be committed in America’s name.

The moral alternative to Putin is not Bush or Saakashvili, but rather condemnation of all the governments involved. Freedom should always take precedence over
“territorial integrity.” Secession is the indispensable check on government power."



Und spart Euch bitte Eure "Das muß man differenziert betrachten"-Sprechblasen, sonst raucht es!

5 comments:

Anonymous said...

DDH, Du hast recht. Zumindest was das Sezessionsrecht der beiden Minderheiten gegenueber Georgien angeht. Punkt.

Ob es sich um eine Retourkutsche fuer das Kosovo handelt oder ob russische Grossmachtsphantasien dahinterstecken, wird sich zeigen.

kno said...

@ Dominik Hennig:

Das sehe ich genauso!!

Dirk said...

@Dominik:
Muss es nicht Kosakentritt statt Husarenritt heissen?

Dirk said...

Zur Sache: Man kann das Ganze mit dem Wort Lagerdenken einfach beschreiben. Hier wir, da die. Was wir machen ist gut, was die machen ist schlecht. Kritik nicht erlaubt - sie passt nicht in die "master narrative". Die neokonservativen Bumsköppe und die neosozialistischen Torfhirne wurzeln im gleichen Mief. In meinem ersten langen Artikel auf ef habe ich dazu Stellung genommen.
http://www.ef-magazin.de/2008/08/17/562-kaukasus-zum-konflikt-in-georgien

Anonymous said...

@KNO: Kosakenzipfel! ;-)