Tuesday, December 08, 2020

Triumph der Angststarre über die Urteilskraft



Die WELT konstatiert richtigerweise eine Stärkung Meuthens in der innerparteilichen Auseinandersetzung, die aber dennoch die AfD nicht zur Ruhe kommen lassen wird - auch nicht im vor uns liegenden Superwahljahr. 

 "So wiederholte sich in Braunschweig, was schon beim Bundesparteitag in Kalkar geschehen war, als sich bei Nachwahlen für den Bundesvorstand und das Bundesschiedsgericht der AfD durchweg Wunschkandidaten des Meuthen-Lagers durchsetzten. Hier wie dort wurde der Bundeschef verbal attackiert, aber seine Anhänger hielten auch aufgrund von Absprachen mit durchaus radikalen Parteimitgliedern stand. Bei der inhaltlichen Spaltung der Partei bleibt es somit genauso wie bei dem Beharrungsvermögen derer, die Höckes Umfeld nicht mögen." 

Wobei ich statt "Beharrungsvermögen" eher eine Art Angststarre als Triebfeder sehe, aber der Befund ist durchaus zutreffend: Eine Mehrheit folgt derzeit Meuthen. 

 Dass Parteien sich irrational verhalten und Mehrheiten mitnichten "Recht haben müssen" zeigt uns die Geschichte der FDP: sie stimmte FÜR die EURO-Rettung, im Jahre 2010 auch die Basis. Auch darunter nicht wenige, die zugestanden: a) die Entscheidung ist rein ökonomisch falsch und b) sie könnte die FDP den Wiedereinzug in den Bundestag kosten (was sie 2013 tat). 

Aber auch damals war die Triebfeder der Zugehörigkeit zum als gesellschaftlich Akzeptierten (wenn auch in noch viel milderer Dimension als heutzutage bei der AfD, deren Mitglieder reihum bürgerliche Existenzvernichtung zu gewärtigen haben, da man erklärtermaßen aus vorgegebenen gesellschaftl. Generallinien ausschert) letztlich stärker. Die vor allem auch psychischen, immateriellen Kosten des auch nur innerlichen Dagegenhaltens waren damals aus heutiger und speziell AfD-geprägter Sicht und zumal für gesellschaftl. integrierte FDPler geradezu lächerlich gering. Aber aus deren Sicht, und man muss sich in diesen Menschenschlag hineinversetzen, waren sie exorbitant hoch. 

Die Mehrheit der AfDler von heute ist ganz anderem Druck ausgesetzt und hat ganz andere Kosten für ihre Unbotmäßigkeit zu tragen. Und derzeit ist eine Mehrheit (keine satte, aber eine doch wirkmächtige) an der Grenze dessen, was ihr an Selbstaufbürdung von Widerstandskosten zumutbar erscheint. Daher dieser Kurs, der sich innerparteilich in den nächsten Monaten durchsetzen wird, auch wenn er elektoral günstigstenfalls durchwachsene Resultate hervorbringt. 

Wer ekstatisch-eskapistischen "Führungskraft"-Krawallanten in noch so schön gesetzten Worten versucht auseinanderzuklabüstern, warum sie einer Chimäre nachjagen und man sich durch unangebrachte Zugeständnis-Kaskaden nur immer weiter den Spielraum verengt der könnte auch den ebenso vergeblich anmutenden Versuch unternehmen, sich in Trance hüpfende "Fridays-for-Future"-Kids von der Irrationalität ihres Tuns zu überzeugen. 

Im Moment kann man als wohlbegründeter Kritiker des derzeitigen Kurses nichts anderes tun, als Haltung zu bewahren und der irrenden Masse von Meuthens seinen fatalen Kurs geradezu frenetisch einfordernden Kurs keine Steilvorlage zu liefern von neuerlichen Schuld-Narrativen! Politik ist das Bohren dicker Bretter. Die AfD wird sich auch wieder ausgesponnen haben und wenn der Groschen fällt müssen die wirklich Vernünftigen dann dafür Sorge tragen, dass das Pendel nicht wieder zu stark in die Gegenrichtung schwingt und dann aus Trotz "Politik der offenen Hose" gemacht wird weil man uns für unseren vermeintlich gediegenen Meuthen-Kurs ja nicht belohnt hat.