Friday, March 09, 2007

Der lange (Oster-)Marsch der Grünen zu sich selbst - auf den Feldherrnhügel

Was an der Komplettierung des wohlfahrt-etatistischen Programms der Grünen um das Element des Kriegs-Etatismus aus liberaler Perspektive begrüßenswert sein soll, bleibt vorerst das Geheimnis von Martin Hagen und Oliver Luksic. Aber immerhin: der Lack ist ab, der antimilitaristische Mummenschanz der Bobo-Linken hat ein Ende gefunden, wie zuletzt Bütikofer noch einmal unterstrich. Man hat sich bis zur Kenntlichkeit entstellt und ist zu den Ursprüngen von 1789 mit all der verlogen-humanitaristischen Phraseologie, die dem "terreur" vorausging, zurückgekehrt. Krieg (als totaler Massenkrieg im Getriebe des "levée en masse") und Faschismus haben als Massen-Phänomene der Neuzeit dieselben Wurzeln. Und die lassen sich – allen von der Masse bis zum Schwachsinn nachgemurmelten Versen politisch korrekter Bekenntnis-Historiographie zum Trotz – nicht zwangsläufig als "rechts" einordnen (zu anderen ideengeschichtlichen Interpretationsmöglichkeiten siehe Kuehnelt-Leddihn: "Leftism – from Marx and de Sade to Hitler and Marcuse").

Die Grünen speisten sich jedenfalls immer schon aus einer Vielzahl unseliger deutscher Traditionen, deren kleinster gemeinsamer Nenner die Ablehnung des "westlichen" (sprich: angelsächsisch-liberalen) Wertefundus war: von K-Grüpplern und RAF-Advokaten (die später zum Teil mühelos die Transformation dieser Republik zum Polizeistaat administrierten) bis zu kaum verschleierten Protagonisten bräunlicher Blut-und-Boden-Ideologie reichte das Spektrum. Daß aus den Blut-und-Boden-Propagandisten von ehedem nun Blut-und-Eisen-Strategen geworden sind, ist weniger kurios als der Beifall, den sie dafür ausgerechnet von selbsternannten Verteidigern westlicher Freiheit erheischen. Aber Politik korrumpiert eben zuerst das Denken.



Stefan Blankertz bemerkte zu den Grünen und ihrem traurigen "Realismus" schon vor zehn Jahren:


»Daß es die Aufgabe der Opposition ist, den Protest ins System einzugliedern, steht soziologisch lange fest. Gleichwohl bleibt es jedes Mal wieder ein trauriges Ereignis, wenn oppositionelle Kräfte, die dennoch um Ehrlichkeit bemüht sind, einen weiteren Schritt in die Richtung der Selbsteingliederung tun.

Soziologie hin, Soziologie her, es ist menschlich gesehen eine Schande, daß die »Grünen«, die sehr wohl eine Wurzel im aufrechten Antimilitarismus haben – nein hatten -, dem dümmsten aller Sätze der Akousion nun beipflichten: Sie stimmten für die Entsendung von Militär, um den Frieden herzustellen oder zu sichern. Wer diese Zustimmung nicht mitmache, rechtfertige den Völkermord. Mit dieser rhetorischen Keule wird die Einsicht erschlagen, daß Krieg Krieg ist und nicht Frieden. Völkermord wird durch Krieg betrieben, und Krieg heizt den Völkermord an, Dem, der gegen den Krieg ist, den Völkermord anzulasten, ist Orwells »Neusprech«. Schon Nietzsche meinte, auf Bismarck bezogen, daß die Deutschen ihre Energie in Politik und Militär verausgabten und darum für die Kultur keine Kraft mehr übrig hätten. Armes Deutschland, daß wir diese Lektion durch zwei Weltkriege nicht gelernt haben.«


Aus Stefan Blankertz:
„Die Therapie der Gesellschaft, Perspektiven zur Jahrtausendwende“, 1998

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