Friday, May 06, 2005

Der aktuelle Buchtip

Pflichtlektüre für Juristen und Politologen - aber eigentlich auch für jeden nonkonformen Kritiker bundesrepublikanischer Zustände:

Josef Schüßlburner
Demokratie-Sonderweg Bundesrepublik
Analyse der Herrschaftsordnung in Deutschland
Nach dem vorherrschenden ideologischen Selbstverständnis ist mit der Bundesrepublik ein historischer „deutscher Sonderweg“ endlich zugunsten „westlicher Werte“ überwunden worden. Das Grundgesetz als immer noch vorläufige Verfassung enthält jedoch Elemente, die das Konzept der westlichen Demokratie grundlegend und negativ modifizieren. In dieser Hinsicht kann man von einem deutschen „Sonderweg“ sprechen. Dessen Kern besteht darin, unerwünschte politische Ideen aus dem Prozeß der politischen Willensbildung auszuscheiden und ganz allgemein einen vollen politischen Wettbewerb nicht zuzulassen. Mit dieser Intention wird unterstellt, daß politische Ideen die „Verfassung verletzen“ können, wodurch Demokratie einen anderen Charakter als eine sonstige westliche Demokratie bekommt: Verfassung und Grundrechte schützen dann im Zweifel den Bürger nicht mehr vor den Staatsorganen, vielmehr können diese dem Bürger ein falsches Verfassungs- und Grundrechtsverständnis vorwerfen und zur Grundlage von Verbotsentscheidungen machen, die auf „demokratische Werte“ gestützt werden. Dieses Konzept führt zu Maßnahmen, den Rechtsstaat in einen Glaubensstaat zu verwandeln, der sich berufen fühlt, die Ausübung von Grundrechten von „Rechtgläubigkeit“ im Sinne der von den Auslegern definierten „Werteordnung“ abhängig zu machen.
In der Verfassungswirklichkeit zeigt sich der bundesdeutsche Demokratie-Sonderweg in der herausgehobenen Rolle, die die Inlandsgeheimdienste bei der Auslegung der „Werteordnung“ auch öffentlich spielen dürfen. Das britische Magazin Economist sprach von German way of democracy . Nicht zuletzt hat das jüngste förmliche Parteiverbotsverfahren verdeutlicht, wie die Inlandsgeheimdienste, die die unzutreffende Bezeichnung „Verfassungsschutz“ führen, oppositionelle Parteien infiltrieren und radikalisieren, um die Verbotsvoraussetzungen herbeizuführen.
Die etablierte Staatsrechtslehre behandelt die entscheidenden Aspekte der bundesdeutschen Herrschaftsordnung so gut wie nicht. Selbst der anerkannteste professorale Kritiker der bundesdeutschen Demokratie blendet sie konsequent aus. Warum? Es ist offenbar nicht opportun, zum wirklichen Kern der politischen Herrschaft vorzudringen. Die Weigerung , die Realität zu sehen und kritisch anzugehen, dürfte dem Staatswesen indes bald gefährlich werden. Bei Fortwirken der immer stärker werdenden ideologischen Tendenzen kann sich die Bundesrepublik nur zu einer neuen Variante einer „Deutschen Demokratischen Republik“ entwickeln. Vom Herrschaftssystem der DDR, das Demokratie zu ihrem Schutze vor dem Volk totalitär abschaffte, hatte sich die Bundesrepublik mit dem Begriff der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ abgesetzt. Die methodische Ähnlichkeit der Demokratieschutzkonzeption zeigt sich trotzdem unverkennbar. Sie liegt in der stetigen Verminderung der politischen Freiheit, d.h. des weltanschaulich-politischen Pluralismus, unter Berufung auf demokratische Werte. Das Buch übt die gebotene, umfassende Kritik und schlägt auch Lösungen vor. Eine demokratische Normalisierung im Wege einer Verfassungsreform erscheint unumgänglich. Sie sollte auf der Grundlage der Weimarer Reichsverfassung erfolgen.
Der Autor (geb.1954) ist Rechtswissenschaftler und Publizist und verfügt über berufliche Erfahrungen im UNO -Sekretariat in New York (Referat für Völkerrechtskodifikation) und bei der EG-Kommission in Brüssel. Josef Schüßlburner, Demokratie-Sonderweg Bundesrepublik. Analyse der Herrschaftsordnung in Deutschland. 798 Seiten, Paperback, € 39,80, ISBN 3937807004, Lindenblatt Media Verlag, 2004
Versandkostenfreier Direktbezug:Lindenblatt Media Verlag* Postfach 1426 36004 FuldaFax: 06 61 / 93 35 06 17E-Mail: bestellung@lindenblatt-media.de Online: www.lindenblatt-media.de

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